FOPI.flash November 2023

In dieser Ausgabe

analysis-2030261 (Konstantin Kolosov auf Pixabay)

Editorial

Rascher Zugang zu Innovationen – aber wie?

Welchen Impact die in der Gesundheitsreform vorgesehenen Instrumente entwickeln können, wird in den nächsten Monaten spannend zu beobachten sein. Klar ist aber jetzt schon, dass die Tücke im Detail liegt und der Erfolg von der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen abhängt. So ist auch beim geplanten „Bewerbungsboard für innovative hochpreisige Medikamente“ entscheidend, wie es zusammengesetzt wird und wie die Prozesse geformt werden.

Unabdingbar scheint uns als forschende Pharmaindustrie, dass die wissenschaftliche und medizinische Expertise in ausreichendem Maß einfließt und die Erfahrung Betroffener Berücksichtigung findet. Das muss sich strukturell abbilden, das heißt, durch Nominierung von medizinisch-wissenschaftlichen Expert:innen sowie Patientenvertreter:innen im Gremium. Und das muss auch gelebt werden.

Zudem sollte es die Prämisse des neuen Boards sein, für einen raschen Zugang zu innovativen Therapien zu sorgen und die bisherige Situation keinesfalls durch zeitverzögernde Prozesse aufs Spiel zu setzen. Denn das würde den Reformansatz des Instruments konterkarieren.

Wir werden als Industrie jedenfalls das in unserer Macht stehende dazu beitragen, um einen kollaborativen, konstruktiven neuen Weg im Zugang zu Innovationen zu ermöglichen.

Julia Guizani, Amaya Echevarría und Leif Moll
Präsidium des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI)


© Freepik

Position

Wenn’s ums Geld geht

Der Finanzausgleich ist seit Monaten eines der bestimmenden Themen im österreichischen Gesundheitssystem. Lange wurde diskutiert, geplant und gefeilscht. Seit rund einer Woche ist die Vereinbarung nun unter Dach und Fach. FOPI.flash hat dazu maßgebliche Entscheidungsträger:innen um ihre Einschätzung – insbesondere zur Finanzierung innovativer Arzneimittel – gebeten.

Mit dem am 21. November paktierten Finanzausgleich wurde auch die lang diskutierte Gesundheitsreform auf den Weg gebracht. Bis zum Jahr 2028 stellt der Bund jährlich zusätzlich über 2 Mrd. Euro für Gesundheit und Pflege zur Verfügung. Zusammen mit den Mitteln von Ländern und Sozialversicherung stehen insgesamt 14 Mrd. Euro für Gesundheit und Pflege bereit.

Diese zusätzlichen Mittel sollen für die „nachhaltige Stärkung des solidarischen Gesundheitssystems eingesetzt werden“ – gemäß dem übergeordneten Motto „digital vor ambulant vor stationär“. Konkret soll „frisches Geld“ für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs, für die Stärkung des spitalsambulanten Bereichs sowie für Strukturreformen, für Digitalisierung bzw. E-Health, für die Gesundheitsförderung, für Impfprogramme und für die Medikamentenversorgung zum Einsatz kommen.

Betrachtet man die genannten Summen für die einzelnen Punkte liegt der Schwerpunkt klar auf den ersten beiden, also auf Investitionen in den niedergelassenen und den spitalsambulanten Sektor. Digitalisierung, Gesundheitsförderung sowie Impfungen werden deutlich weniger hoch dotiert. Und bei den Mitteln für Medikamente in Höhe von jährlich 3 Mio. Euro handelt es sich nicht um eine Investition in (innovative) Arzneimittel, sondern um die Finanzierung eines Gremiums – eines „Bewertungsboards für innovative hochpreisige Medikamente“. Die Dotierung des geplanten „Innovationstopfs“ ist außerdem komplett offen.

Grund genug, vier maßgebliche Entscheidungsträger:innen um Antworten auf wichtige Fragen zu bitten:

Gibt es „frisches Geld“ für alte Muster?

Es gibt frisches Geld, ja, ob es für alte Muster verwendet wird, wird sich zeigen. Grundsätzlich bestünde schon die Möglichkeit neue, innovative Versorgungsleistungen zu etablieren und flexibler auf Unterversorgung zu reagieren.
Philipp Kucher, Klubobmann und Gesundheitssprecher der SPÖ

Es gibt „frisches Geld“, und das keinesfalls für alte Muster. „Frisch“ ist es insofern, als es Bundesgeld ist, das additiv zum prozentuellen Anteil, den Länder und Gemeinden von den Bundeseinnahmen traditionell bekommen, hinzukommt. Schwerpunkte sind Medizin, Pflege und Kinderbetreuung. Gerade in der Medizin ist sehr viel Geld für Strukturreformen gewidmet.
Josef Smolle, NR-Abgeordneter und Gesundheitssprecher der ÖVP

Durch den aktuellen Finanzausgleich gibt es vergleichsweise viel frisches Geld, das für die avisierten strukturellen und durchaus langfristig wirksamen Maßnahmen auch nötig ist. Erstmals seit über zehn Jahren liegen im Ergebnis nunmehr zusätzliche Ressourcen vor, etwa was die Strukturreform in den Spitälern und die Stärkung des niedergelassenen Bereichs anlangt. Auch die Vorhaben bezüglich Resilienz des Gesundheitssystems sind hervorzuheben, also Investitionen in die Gesundheitsförderung, in Impfprogramme und in die Medikamentenversorgung. Hier hat man von der COVID-19-Pandemie gelernt.
Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich

Die Finanzausgleichspartner stellen in den kommenden fünf Jahren rd. 14 Mrd. Euro zusätzlich für Gesundheit und Pflege zur Verfügung, davon etwa 11 Milliarden seitens des Bundes, – durchschnittlich 2,8 Mrd. Euro pro Jahr. Dabei wird der Grundsatz: „Digital vor ambulant vor stationär“ verfolgt.
Paul Rockenbauer, Kabinettchef des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft

Was ist der größte „Wurf“, der im Bereich Gesundheit im Zuge des Finanzausgleichs geschaffen wurde?

Von einem großen Wurf kann man generell nicht sprechen. Gerade die Herausforderung für alle Versicherten gleich gute Leistungen zu schaffen, also ein bundesweit einheitlicher Gesamtvertrag, wurde wieder aufgeweicht und wird damit vermutlich nicht kommen. Das erscheint mir der größte Fehler, der begangen und eine einmalige Chance, die vertan wurde.
Philipp Kucher, Klubobmann und Gesundheitssprecher der SPÖ

Der große Wurf umfasst drei Dimensionen: Erstens wird erstmals zur Attraktivierung des kassenärztlichen Bereichs im Zuge des Finanzausgleichs vom Bund Geld für die Sozialversicherung zur Verfügung gestellt. Ein bundesweit einheitlicher, inhaltlich und betragsmäßig attraktiver Gesamtvertrag mit dem niedergelassenen Bereich ist das erklärte Ziel. Zweitens werden den Ländern in ihrer Funktion als Spitalserhalter insgesamt 3 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, von denen ein wachsender Anteil für Strukturreformen, insbesondere für die Leistungsverlagerung aus dem stationären in den ambulanten Bereich verwendet wird. Drittens wurden partielle Entflechtungen in den Entscheidungsstrukturen beschlossen, die die Umsetzung der Reformvorhaben erleichtern werden.
Josef Smolle, NR-Abgeordneter und Gesundheitssprecher der ÖVP

Ich denke, dass der Grundsatz der Gesundheitsreform „digital vor ambulant vor stationär“ weitreichende Folgen haben wird und echte Chancen bietet, die Versorgung qualitativer, besser, schneller und kostengünstiger zu gestalten. Wir sind hier nicht die ersten in Europa, haben aber mit ELGA und auch 1450 eine gute Grundlage und können bereits auf internationale Erfahrungen aufbauen.
Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich

Das österreichische Gesundheitssystem ist ein komplexes, somit stellt die Vorlage der Gesundheitsreform bereits einen bedeutenden Schritt dar. Mit den zusätzlichen Mitteln im Rahmen des Finanzausgleichs soll das ambulante wie stationäre Gesundheits- und Pflegeangebot ausgebaut werden. Zudem stellt die vertiefende Einbindung digitaler Technologien einen weiteren bedeutenden Hebel dar, um zu einem längeren Leben in Gesundheit zu verhelfen.
Paul Rockenbauer, Kabinettchef des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft

Wo wird konkret in Innovationen investiert?

Sehr viel an Innovation ist nicht zu erkennen, wenn man großzügig ist, könnte man dies noch im Bereich des Ausbaus der Telemedizin sehen.
Philipp Kucher, Klubobmann und Gesundheitssprecher der SPÖ

Ein über die Laufzeit des Finanzausgleichs zunehmender Anteil der zusätzlichen Spitalsfinanzierung ist der Umsetzung von Reformvorhaben im Einklang mit der Bundeszielsteuerungskommission und den Landeszielsteuerungskommissionen gewidmet. Damit werden Restrukturierungen und Modernisierungen im Spitalsbereich mit Verlagerung in den ambulanten Bereich, in Synergie mit den zusätzlichen Mitteln für die Sozialversicherung weiter in den niedergelassenen Bereich im Sinne des jeweiligen Best Point of Care, umgesetzt.
Josef Smolle, NR-Abgeordneter und Gesundheitssprecher der ÖVP

Die österreichischen Ausgaben für das Gesundheitswesen sind im internationalen Vergleich hoch. Investitionen werden jetzt in den oben genannten Bereichen Spitalsreform, Medikamentenversorgung und Gesundheitsförderungen gesetzt, vor allem aber dort, wo der größte Aufholbedarf besteht, also bei der Versorgung im niedergelassenen Bereich und bei der Digitalisierung.
Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich

Die Pharma-Industrie ist eine sehr forschungs- und innovationsbegeisterte, was sich in einer Forschungsquote von 20,5 % zeigt, was wir sehr schätzen. Dies wurde auch durch das größte Life Science Forschungspaket, welches wir 2022-23 mit 50 Mio. EUR seitens BMAW dotiert haben, weiter gefördert.
Paul Rockenbauer, Kabinettchef des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft

Wie kann damit der Zugang von Patient:innen zu innovativen Therapien sichergestellt werden?

Der Zugang zu innovativen und meist sehr kostspieligen Therapien wird aus meiner Sicht sogar eingeschränkt. Durch die Etablierung eines Arzneimittelboards, das die Anwendung von teuren Medikamenten bei seltenen Erkrankungen bewerten soll, wird möglicherweise der Zugang für die Patient:innen eingeschränkt.
Philipp Kucher, Klubobmann und Gesundheitssprecher der SPÖ

Ein auf Bundesebene eingerichtetes Board hat eine vorrangige Aufgabe im Horizon Scanning, d.h. in der Erfassung von Innovationen, die auf dem Weg sind und in naher Zukunft verfügbar werden sollen. Parallel dazu geht es um ein österreichweites Verständnis über die optimale Verwendung von innovativen Therapien bis hin zur fachlichen Bündelung bestimmter Behandlungen in spezialisierten Zentren im Interesse der Versorgungsqualität und Patient:innensicherheit über Bundesländergrenzen hinweg.
Josef Smolle, NR-Abgeordneter und Gesundheitssprecher der ÖVP

Wir müssen den Fokus in der Bewertung von Innovationen ändern – weg von der Konzentration auf den Preis, was derzeit noch stark vorherrscht, hin zum Wert von innovativen Therapien und den gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen. Insgesamt gilt es, ein innovationsfreundliches und planbares Umfeld zu schaffen. Unsere Chance, in der Gesundheit etwas zu bewegen, ist der Fokus auf Innovation.
Paul Rockenbauer, Kabinettchef des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft

Wie soll die Finanzierung innovativer Therapien gewährleisten werden?

Aus meiner Sicht wäre die Errichtung eines Fonds, aus dem solche Therapien finanziert werden sollten, sinnvoll gewesen. Das ist leider nicht erfolgt.
Philipp Kucher, Klubobmann und Gesundheitssprecher der SPÖ

Es ist evident, dass beim Ausbleiben von Reformschritten die Kosten im Gesundheitssystem weiter steigen würden, ohne dass damit ein entsprechender Gewinn an Behandlungsqualität verbunden wäre. Die eingeleiteten Reformen haben dagegen das Ziel, durch optimale Verwendung der Ressourcen – die im Übrigen entsprechend eines dynamischen Pfades auch in Zukunft steigen werden – den nötigen Bewegungsspielraum zu schaffen, dass die Menschen in unserem Land stets am neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft behandelt werden und rasch Zugang zu Innovationen bekommen.
Josef Smolle, NR-Abgeordneter und Gesundheitssprecher der ÖVP

Zahl des Monats

25 Mrd. Euro

beträgt die F&E-Investitionslücke zwischen den USA und Europa. Oder anders formuliert: Die amerikanische Forschungsgroßmacht gibt um 25 Mrd. Euro mehr für pharmazeutische Entwicklung aus. Und die Tendenz ist steigend. 2002 lag der Unterschied bei nur 2 Mrd. Euro.

Quelle: EFPIA, November 2023 

© accelent

Personalia

Amaya Echevarria und Leif Moll neue Vizepräsident:innen des FOPI

Amaya Echevarria und Leif Moll wurden gestern im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung zu Vizepräsident:innen des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich gewählt. Sie folgen damit Anthea Cherednichenko und Michael Kreppel-Friedbichler nach, die beide vor kurzem eine neue berufliche Herausforderung im Ausland angenommen und deshalb ihr Amt zurückgelegt haben. Ausführliche Porträts von Amaya Echevarria und Leif E. Moll sowie über ihre Ideen für das FOPI lesen Sie in der nächsten Ausgabe!

© Johannes Hloch

Im Gespräch

Fritz Gamerith: Schrittinnovationen werden nicht ausreichend geschätzt

Während Durchbrüche in der Forschung Anerkennung erfahren, werden Schrittinnovationen in Österreich viel zu wenig wertgeschätzt, kritisiert Fritz Gameritz, CEO von Schwabe Austria, im Interview mit FOPI.flash. Dabei machen diese kleinen Verbesserungen – vergleichbar mit der Entwicklung im Automobilbereich – den Großteil des Fortschritts im medizinisch-pharmazeutischen Sektor aus.

Sie sind seit sieben Jahren Geschäftsführer von Schwabe Austria und gelten als Kenner des heimischen Gesundheitssystems. Welche Stärken und Schwächen nehmen Sie im Vergleich zu anderen Märkten wahr?

Bis dato war eine große Stärke des österreichischen Gesundheitssystems der gleichberechtigte Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle Teile der Bevölkerung; wenn man von der Zahnmedizin einmal absieht. Dies wurde durch ein stark staatlich reguliertes System gewährleistet, in dem die Krankenkassen für den niedergelassenen Bereich und die Länder für den Spitalsbereich durch gehörigen Druck sichergestellt haben, dass medizinische Leistungen für alle finanzierbar bleiben.

Als Staatsbürger habe ich das immer positiv gesehen. Als leitender Angestellter in der Pharmaindustrie hatte ich natürlich mit den eher niedrig angesetzten Preisen in Österreich meine Probleme: wegen Nicht-Einführbarkeit von innovativen Produkten des Konzerns oder auch wegen der Streichung von Produkten aus dem Firmenportfolio, die auf Grund des Preisniveaus in Österreich z.B. den Preis des gleichen Arzneimittels in der Schweiz gefährdet hätten.

Das bisherige System in Österreich stößt aber jetzt an seine Grenzen. Und dies passiert deswegen, weil uns die arbeitenden Menschen im Gesundheitsbereich ausgehen, respektive diese Ärzt:innen und Pfleger:innen nicht mehr so gerne im staatlichen Gesundheitssystem arbeiten wollen. In Konsequenz haben wir nun ein Zwei-, wenn nicht sogar Dreiklassensystem in Österreich.

Österreich vollzieht damit eine Entwicklung nach, die ich aus unseren östlichen Nachbarländern schon lange kenne. Wer privates Geld zuschießt, wird gut therapiert. Alle anderen Patient:innen müssen hoffen, optimal behandelt zu werden.

Wie wird der Wert von Arzneimittel-Innovationen gesehen?

Mein Eindruck ist, dass Durchbruchsinnovationen durchaus sehr positiv gesehen werden. Ich darf als Beispiel auf die vor einigen Jahren eingeführten Arzneimittel zur Hepatitis-C-Therapie verweisen.  Hier wurde die Kostenerstattung recht rasch erreicht – wenn auch, typisch österreichisch, auf Grund der guten Vernetzung des damaligen Hepatitis-Papstes, Prof. Ferenci, mit den richtig politisch gefärbten Protagonist:innen des österreichischen Gesundheitssystems.

Weniger einfach ist die Situation bei Schrittinnovationen. Hier wird fälschlicherweise zu oft in Frage gestellt, was diese Schritte Positives für die Patient:innen bringen. Ich vergleiche das immer mit der Entwicklung des Automobils: Wie verlief die Entwicklung vom Auto des Siegfried Marcus (das im Technischen Museum zu bewundern ist) bis zu einem E-Auto von Tesla? Das waren ausschließlich Schrittinnovationen, weil das Grundkonzept, Motor plus vier Räder, im Grunde bei beiden Modellen gleich ist.

Und wirklich ärgerlich ist der Umgang des österreichischen Systems mit kleineren Innovationen, wie z.B. besserer Galenik, verringerter Einnahmedauer, etc. Diese Innovationen verbessern nachweislich die Compliance der Patient:innen und erhöhen dadurch den Therapieerfolg. Warum das in der Kassenerstattung gar nicht honoriert wird, ist unverständlich!

Was schätzen Sie am österreichischen System?

Ich schätze, dass es in Österreich immer noch möglich ist, mit allen Stakeholdern zu reden. Die Standpunkte sind zwar je nach politischem Hintergrund und Standesinteressen unterschiedlich, aber ein Gespräch ist doch immer durchführbar.

Wo bräuchte es dringend neue Lösungen, um das Gesundheitssystem angesichts von Pandemie, Preisentwicklung und regulatorischer Veränderungen zukunftsfit zu halten?

Drei Punkte sehe ich vordringlich:

  • Deutliche Förderung der Prävention – nur ein Mehr an eigener Gesundheitsverantwortung der österreichischen Bevölkerung hält das System langfristig finanzierbar.
  • Bessere Bezahlung der Menschen in staatlichen Gesundheitseinrichtungen, damit diese leistungsfähig bleiben.
  • Gesamtbetrachtung der Vorteile von innovativen Medikamenten. Es darf nicht mehr vorkommen, dass die Kassenerstattung im niedergelassenen Bereich scheitert, weil das Präparat nur (!) die Anzahl der Krankenhausaufenthalte reduziert.

Was müsste getan werden, damit die Versorgung heimischer Patient:innen mit innovativen Arzneimitteln für die Zukunft sichergestellt ist?

Wenn ich darf, so möchte ich einen frommen Wunsch äußern: Ich sehe immer wieder, dass die notwendigen, durchaus höheren Preise für innovative Arzneimittel in Kritik stehen, da die Pharmaindustrie an der Börse so gute Gewinnzahlen präsentiert. Hier sollten die Entscheidungsträger:innen im Gesundheitssystem genauer hinsehen. Nur weil einige andere Firmen gerade einen guten Lauf haben, heißt das nicht, dass die jeweilige Firma, die gerade ein innovatives Präparat zur Kassenerstattung anmeldet, nicht diese Preise benötigt, um die Entwicklungskosten hereinzuspielen.

Und zu guter Letzt ein kleiner Hinweis: Einzig das marktwirtschaftliche System der Entwicklung von neuen Therapien hat eine Vielzahl an Innovationen hervorgebracht. Alle Überlegungen, durch staatliche Kontrolle des Innovationsprozesses gute Resultate zu erzielen, sind in der Geschichte eher kläglich gescheitert.

Über Schwabe Austria
Schwabe Austria ist ein forschendes Phyto-Pharma-Unternehmen. Seit über 150 Jahren steht Schwabe für die Herstellung hochwertiger Arzneimittel aus der natürlichen Kraft der Pflanzen – mit Fokus auf Forschung und Innovation im Bereich der Phytotherapie. Schwabe ist in mittlerweile fünfter Generation der führende Hersteller pflanzlicher Arzneimittel und die Schwabe Gruppe auf der ganzen Welt vertreten. Der Standort in Wien Inzersdorf feierte im Jahr 2023 bereits sein 40-jähriges Bestehen: 120 Mitarbeitende widmen sich hier verantwortungsvoll der Herstellung und dem Vertrieb von bekannten pflanzlichen Arzneimitteln wie Crataegutt®, Kaloba®, Passedan®, Lasea® oder Vitango®.         

   

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Lebensverändernde Therapien

Innovationen für Spinale Muskelatrophie

Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine seltene, fortschreitende neuromuskuläre Erkrankung und wird zumeist im frühen Kindesalter diagnostiziert. Es handelt sich dabei um die häufigste erbliche Erkrankung mit Todesfolge im Säuglingsalter. Die Schädigung von Motoneuronen bedingt einen degenerativen Krankheitsverlauf und führt zu Muskelschwäche, aber auch Atem-, Herz-Kreislaufproblemen sowie einer geringeren Knochendichte. Dies führt wiederum zu einem stetigen Verlust an Unabhängigkeit und Lebensqualität. Betroffene können z.B. nicht mehr selbstständig essen, Körperpflege betreiben oder eine Tastatur bedienen. Über Jahre hinweg gab es für SMA-Patient:innen und ihre Familien keine Behandlungsmöglichkeit. Dies änderte sich 2017 als die erste, zielgerichtete Therapie zur Behandlung der SMA europaweit zugelassen wurde.  Mit dieser Therapie ist es gelungen, den klinischen Ansatz zur Therapie grundlegend zu revolutionieren. Kleinkinder, die ohne Behandlung wahrscheinlich gestorben wären, können jetzt gehen, laufen, spielen und zur Schule gehen. Ältere Kinder haben eine kontinuierliche Verbesserung erfahren. Erwachsene konnten ihre motorischen Funktionen weitgehend beibehalten und ihre Lebensqualität erhalten oder sogar verbessern. Darüber hinaus hat die Zulassung dieses ersten Medikaments auch als Katalysator für weitere neue Therapien zur Behandlung dieser seltenen genetischen Erkrankung geführt: Mittlerweile stehen weitere Therapieoptionen, die einen unterschiedlichen Wirkansatz verfolgen und somit eine maßgeschneiderte Therapie ermöglichen, den Patient:innen zur Verfügung. Mehr dazu unter https://fopi.at/wir-sagen-danke/