FOPI.flash März 2025
In dieser Ausgabe
- Editorial: Der Weg in die Zukunft führt über Innovation
- Analyse: Die Regierungspläne in puncto Gesundheit
- Kommentar: Neue Bundesregierung – Inno…was?
- Interview Leif Moll: Ziele für die Zukunft
- FOPI Interna: Ute Van Goethem neue FOPI-Vizepräsidentin
- Fakten des Monats: Innovation nur mehr mit Klimmzügen möglich
- Wort des Monats: Gürtelrose
- GM-Interview: Kirsten Wittling – schneller Marktzugang ist essenziell für bessere Versorgung

Editorial
Der Weg in die Zukunft führt über Innovation
Mit der Bestellung der neuen Bundesregierung prägt ein unüberhörbarer Tenor die öffentliche Diskussion: Österreich steht vor großen Herausforderungen. Österreich braucht jetzt einen Schulterschluss, um diese Herausforderungen zu bewältigen – das gilt auch und insbesondere für das Gesundheitssystem.
Um diese Herkulesaufgabe zu meistern, müssen aus unserer Sicht zunächst proaktiv die Herausforderungen beim Namen genannt werden, damit dann gemeinsam Lösungen entwickelt werden können, die sowohl den Patient:innen als auch dem Gesundheitssystem zugutekommen.
Als forschende Pharmaindustrie sehen wir uns in der Verantwortung, hier eine Rolle zu übernehmen. Wir verstehen uns per se als Vorausdenker:innen, da das Visualisieren künftiger Lösungen und Antizipieren veränderter Bedingungen insbesondere für innovative Arzneimittel gewissermaßen in unserer DNA festgeschrieben ist.
Diesen Blick in die Zukunft wollen wir auch in diesen Prozess einbringen. Daher haben wir das Regierungsprogramm unter die Lupe genommen, wesentliche Punkte zum Thema Gesundheit analysiert und Positionen gegenübergestellt. Grundlage dafür ist die weitreichende Expertise, die die Mitgliedsunternehmen des FOPI in den letzten Monaten eingebracht und in mehreren Positionspapieren festgehalten haben.
So wollen wir unserem Anspruch gerecht werden, nicht (nur) die Interessen unserer Branche zu vertreten, sondern vor allem einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten – getragen von der festen Überzeugung, dass der Weg in eine bessere Zukunft über Innovation führt.
Leif Moll, George Tousimis, Ute Van Goethem und Astrid Jankowitsch
Präsidium des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI)

Analyse
Die Regierungspläne in puncto Gesundheit – Sparen ist zu wenig
Nach mehreren Monaten Verhandlung hat Österreich eine neue Bundesregierung, die sich nun mit Hochdruck all den drängenden Problemen widmen soll. Eines der Themenfelder mit großem Reformbedarf ist das Gesundheitssystem, das mit steigenden Kosten und strukturellen Defiziten zunehmend in den Fokus geriet. Ein kompromissloses Sparprogramm kann dennoch nicht die Lösung sein, da Patient:innen – und zugleich Wähler:innen – den berechtigten Anspruch auf ein funktionierendes Gesundheitswesen und den Zugang zu modernster Medizin erheben.
Welche Ansätze sind also in dem 211-Seiten-starken Regierungsprogramm enthalten? Und wie werden diese einem „Gesundheitssystem von morgen“ mit einem raschen und gleichberechtigten Zugang zu innovativer Medizin gerecht? FOPI.flash hat die wichtigsten Punkte analysiert.
Preisabschläge auf No-Box-Medikamente
„Wissenschaftliche Prüfung der Effekte des Abschlags von 6,5 Prozent im Bereich der No-Box“ – lautet ein knapp formuliertes Vorhaben im Regierungsprogramm. Doch so knapp es auch formuliert sein mag, so bedeutungsvoll ist es. Aus der Perspektive der Patient:innen ist zu hoffen, dass diese Evaluierung in der Streichung des Abschlags von 6,5 Prozent auf den EU-Durchschnittspreis mündet und so zu einer Verbesserung der Patient:innenversorgung führt. Denn die „No Box“ (Arzneimittel außerhalb des Erstattungskodex) stellt sicher, dass Patient:innen auf raschem Wege nach aktuellem medizinischem Stand behandelt werden können, wenn die Therapie (noch) nicht in die Regelerstattung aufgenommen ist.
Bewertungsboard
„Laufende wissenschaftliche und transparente Begleitung der Implementierung des Bewertungsboards und seine Auswirkung auf die zeitnahe Versorgung sowie auf Schnittstellenmedikamente (stationär – ambulant)“ nimmt Bezug auf ein Gremium, das erst vor kurzem seine Arbeit aufgenommen hat und dessen Wirkung noch nicht vollumfänglich abzuschätzen ist. Als forschende Pharmaindustrie ist es uns ein großes Anliegen, dass die Arbeit des Bewertungsboards begleitet bzw. evaluiert wird und Nachbesserungen möglich sind. Denn letztlich gilt es sicherzustellen, dass Patient:innen rasch und österreichweit einheitlich Zugang zu innovativen Therapien erhalten.
Diese Bewertung muss in einem effizienten, schnellen und transparenten Prozess erfolgen. Die Empfehlungen des Bewertungsboards müssen auf Basis evidenzbasierter Medizin und der entsprechenden facheinschlägigen Expertise getroffen werden. Die Feststellung, welche Behandlungsmethoden dem Stand der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft entsprechen, muss den jeweils behandelnden Ärzt:innen obliegen.
Transparenz von HEK-Entscheidungen
Eine „Bessere Zugänglichkeit von Entscheidungen der Heilmittel-Evaluierungskommission“ ist uneingeschränkt positiv zu bewerten. Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist für alle Beteiligten hilfreich – für die betroffenen Patient:innen ebenso wie für Ärzt:innen oder Pharmaunternehmen. Weiters wäre noch eine Aufwertung der Fachexpertise dringlich zu berücksichtigen. Dies kann die Grundlage für die gemeinsame Weiterentwicklung des Systems bieten.
Ökonomische Verschreibweise
„Forcierung der ökonomischen Verschreibweise durch alle Verordnerinnen und Verordner“ heißt ein weiterer Punkt, den sich die Regierung auf die Agenda geschrieben hat. Angesichts der Budgetsituation ist ein sorgsamer Umgang mit finanziellen Ressourcen selbstverständlich anzustreben. Es darf aber nicht „das Kinde mit dem Bade ausgeschüttet“ werden. Vielmehr braucht es eine umfassende Nutzenbewertung unter Berücksichtigung des direkten und indirekten Nutzens für Gesundheitssystem und Gesellschaft. So manche kurzfristige Preisentscheidung verursacht auf lange Sicht höhere Kosten, weil Nebeneffekte (wie geringere Kosten für Hospitalisierung, niedrigere Kosten für Reha, frühere Wiedereingliederung im Erwerbsleben, usw.) außer Acht gelassen werden.
Außerdem könnte eine stark an ökonomischen Kriterien ausgerichtete Verschreibweise dazu führen, dass der jeweils günstigste Anbieter bevorzugt wird und mittelfristig die Zahl der Mitbewerber sowie die Auswahl an Produkten zurückgeht. Das kann im Sinne der Versorgungssicherheit nicht das Ziel sein.
Unabhängigkeit der Patientenorganisationen
„Unabhängigkeit der Patientenorganisationen durch steuerfinanzierte Finanzierungsfonds sicherstellen“ adressiert ein Anliegen, das die forschenden Pharmaunternehmen seit langem unterstützen. Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen haben – insbesondere im Bereich der seltenen Erkrankungen – hohe Expertise und sind für Betroffene eine wichtige Anlaufstelle. Sie erfüllen daher eine Funktion im Gesundheitssystem, die im wahrsten Sinn des Wortes honoriert werden sollte. Wenn nun eine nachhaltige Lösung dafür gefunden wird, ist das ein großer Wurf in diesem Bereich.
Neue Formen der Finanzierung
„Einsatz einer Expertengruppe zur Erarbeitung neuer Formen der Finanzierung“ lässt viel Interpretationsspielraum offen. Von großem Vorteil wäre dieser Plan, wenn die Gruppe Expert:innen aus den Reihen aller Systempartner:innen umfasst und nicht bloß neue Preismodelle entwickelt. Vielmehr sollte das Ziel sein, die Finanzströme zwischen den Sektoren effizient zu gestalten, die gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend zu überarbeiten und Ressourcen für Innovation freizumachen, die den Patient:innen-Outcome verbessern. Außerdem sollten von dieser Gruppe Lösungen für eine nachhaltige Preisbildung inkl. Anerkennung und Bewertung von innovativen bzw. neuen Darreichungsformen und Indikationserweiterungen gefunden werden. Insbesondere ist hier auch ein Augenmerk auf die Datenerfassung und -auswertung zu legen, um damit die Versorgung effizienter zu gestalten und datenbasierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Dann können „neue Formen der Finanzierung“ auch „bessere Versorgung für Patient:innen“ bedeuten.

Kommentar
Neue Bundesregierung: Inno…was?
Eine Drei-Parteien-Regierung ist in Österreich neu, also durchaus innovativ. Das Wort „Innovation“ sucht man im Regierungsprogramm dennoch vergeblich. Public Affairs-Berater Peter Köppl sieht deshalb in seinem Kommentar für FOPI.flash herausfordernde Zeiten auf das Gesundheitssystem zukommen.
Erstmals bilden also drei Parteien eine Bundesregierung in Österreich. Das ist durchaus innovativ. Das Kabinett Stocker I ist mit 14 Bundesminister:innen und sieben Staatssekretär:innen die größte Bundesregierung bisher – besetzt mit einer bunten Mischung aus amtierenden Minister:innen, ehemaligen Landesrät:innen, Persönlichkeiten aus der Sozialpartnerschaft und aus den Parteiapparaten.
Dieser Vorstand des Unternehmens Österreich hat enorme Herausforderungen vor sich und wird es schaffen müssen, Mut und Zuversicht zu verbreiten und das Gefühl einer Zukunftsvision zu erzeugen. Die Managementaufgabe umfasst aber auch harte Brocken wie Budgetkonsolidierung, die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, die Modernisierung des Staats, die Absicherung des Sozialstaats, neue Wege bei Integration und Migration sowie Klarheit für Österreichs Rolle in Europas Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Im mehr als 200-seitigen Regierungsprogramm sind dem Thema Gesundheit knappe sechs Seiten gewidmet – also gerade mal drei Prozent. Das Wort „Innovation“ sucht man freilich vergeblich. Der Fokus im Bereich Medikamente liegt mehr auf „Forcierung der ökonomischen Verschreibweise durch alle Verordnerinnen und Verordner“ und „Evaluierung und allfällige Verlängerung des Infrastruktursicherungsbeitrages“. Auf die Durchsetzung der Interessen der forschenden pharmazeutischen Industrie vis á vis den vielen neuen Ansprechpersonen und den allerorts eingebauten Sozialpartner-Vertreter:innen warten daher herausfordernde Zeiten. Die Regierung hat die Weichen in eine andere Richtung gestellt. Dem wird wohl nur durch intensive Politik-Arbeit beizukommen sein.
Where there are risks, there are opportunities as well.
Das neue Setup der heimischen Regierung und die programmatische Ausrichtung bieten natürlich viele Chancen, um neue Ideen einzubringen, Unterstützung für Initiativen zu gewinnen und unternehmerischen Anliegen zum Erfolg zu verhelfen. Gerade jetzt lässt sich mit offensiven Public Affairs Strategien nicht nur der Handlungsspielraum erhalten, sondern das wirtschaftliche Potenzial der forschenden pharmazeutischen Industrie heben.
Dr. Peter Köppl, MA ist Managing Partner bei Mastermind Public Affairs Consulting.

Interview
Leif Moll: Ziele für die Zukunft
Leif E. Moll wurde vor rund einem Monat zum neuen Präsidenten des FOPI gewählt. Im Interview mit FOPI.flash geht er nun darauf ein, wie er die Rolle der forschenden Pharmaindustrie sieht, wo er Schwerpunkte setzen will und welche Handschrift er hinterlassen möchte.
Ende Februar wurden Sie zum FOPI-Präsidenten gewählt, nachdem Sie schon seit über einem Jahr als Vize-Präsident engagiert waren. In aller Kürze – was zeichnet das FOPI für Sie aus?
Das FOPI, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in Österreich, ist für mich eine Plattform, die nicht nur die Interessen der Industrie vertritt, sondern auch eine Brücke zwischen Forschung, Politik und Gesellschaft schlägt. Was das FOPI dabei besonders auszeichnet, ist sein fokussiertes Engagement für medizinische Innovation. In Zeiten vielfältiger Herausforderungen wie Budgetrestriktionen und Wissenschaftsskepsis, brauchen solche Innovationen und die Patient:innen, die darauf angewiesen sind, eine starke Stimme. Wir müssen dabei den gesellschaftlichen Wert, den unserer Branche für Patient:innen, Ärzt:innen und das gesamte Gesundheitssystem bringt, sichtbar machen.
Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen? Welche Ziele haben für Sie im aktuellen Gesundheitssystem Priorität?
Ein zentrales Ziel ist die Sicherstellung eines weiterhin schnellen Zugangs der Patient:innen zu medizinischen Innovationen im Krankenhaussektor. Im niedergelassenen Bereich sollten wir den Prozess der Aufnahme neuer Therapien und Indikationen in den Erstattungskodex beschleunigen und auch erleichtern.
Darüber hinaus möchte ich die Digitalisierung des Gesundheitssystems vorantreiben, um dessen Effizienz zu erhöhen und Behandlungsqualität weiter zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stärkung der klinischen Forschungslandschaft in Österreich. Wir müssen Prozesse vereinfachen und harmonisieren sowie Bürokratie abbauen, um Forschung und Innovation zu fördern und Österreich als attraktiven Standort für klinische Studien zu positionieren.
Schließlich ist es entscheidend, die Perspektive auf Gesundheitsausgaben zu verändern: Weg von der reinen „Kostenbrille“ hin zu einer Sichtweise, die solche Ausgaben als „Investitionen in Menschen und Gesellschaft“ versteht.
Mit diesem Fokus freue ich mich darauf, gemeinsam mit den Mitgliedern des FOPI und unseren Partnern zu arbeiten und die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und patient:innenorientierte Gesundheitsversorgung zu schaffen.
Wo sehen Sie dabei den dringendsten Handlungsbedarf?
Die Frage, wie wir zukünftig medizinische Innovation schnell und österreichweit einheitlich zu fairen Preisen im Spital verfügbar machen können, ist angesichts des gerade neu entstandenen Bewertungsboards ein sehr dringliches Thema. Hier können wir als Industrie mit unserer weltweiten Erfahrung mit sogenannten Health Technology Assessments sicher einen substanziellen Beitrag leisten.
Und was ist die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung ist die Balance zwischen Innovation und den zunehmend komplexeren Anforderungen von Gesundheitssystem und Gesellschaft. Einerseits müssen wir zunehmend exorbitante Summen in Forschung und Entwicklung investieren, andererseits stehen wir unter Druck, diese Innovationen in einem Umfeld anzubieten, das oft von strengen Regulierungen, Zugangshürden und Budgetrestriktionen geprägt ist. Denn lassen Sie uns nicht vergessen: Wenn die Aussicht schwindet, solche ohnehin höchst risikobehafteten Investitionen zurückzuverdienen, wird das Investitionstempo unweigerlich nachlassen.
In diesem Zusammenhang macht mir auch die makroökonomische und geopolitische Situation durchaus Sorgen: Wir befinden uns einerseits in einer anhaltenden Phase stagnierender wirtschaftlicher Entwicklung, andererseits steigen die Erwartungen an die Staatskassen ständig, beispielsweise im Verteidigungsbereich. Da ist es Aufgabe aller Systempartner, den gesellschaftlichen Stellenwert von Gesundheit immer wieder in den Vordergrund zu rücken, um deren Finanzierung langfristig zu sichern.
Das wird uns aber nur gelingen, wenn die Bedeutung von medizinischem Fortschritt für eine Gesellschaft besser verstanden und akzeptiert wird.
Abschließend noch zu Ihnen als Person: Was sind Ihre persönlichen Gründe, sich neben Ihrer Position als General Manager von Merck in Österreich für die forschende Pharmaindustrie zu engagieren?
Meine übergeordnete Motivation ist tief verwurzelt in meinem Glauben an die transformative Kraft von Wissenschaft und Innovation. Ich war und bin überzeugt davon, dass vor allem aus Innovation und Fortschritt Wohlstand für eine Gesellschaft entsteht. Das Bewusstsein für diesen Zusammenhang möchte ich schärfen.
Außerdem sehe in meiner Arbeit als General Manager von Merck Österreich tagtäglich, welchen Unterschied wir als Industrie mit unseren Produkten im Leben von Menschen machen können. Gemeinsam mit unseren Stakeholdern konstruktiv an einer kontinuierlichen Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Lebensqualität von Patient:innen zu arbeiten, treibt mich an. Diese Zusammenarbeit mit engagierten und hochqualifizierten Fachleuten und Entscheidungsträgern, macht mir Freude und ist eine wertvolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Wie soll das FOPI mit Ihnen an der Spitze wahrgenommen werden? Welchen Stil wollen Sie leben?
Ich wünsche mir, dass der Verband als ein offener, transparenter und kooperativer Partner wahrgenommen wird. Mein Ziel ist es, eine Kultur des Dialogs und der Zusammenarbeit zu fördern, sowohl innerhalb der Branche als auch mit externen Stakeholdern. Darüber hinaus will ich das FOPI als Vorreiter in der Diskussion über Innovation und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen positionieren. Und nicht zuletzt wünsche ich mir, dass das FOPI als ein Verband wahrgenommen wird, der nicht nur die Interessen der forschenden Pharmaindustrie vertritt, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet und so die öffentliche Wahrnehmung der Branche verbessert.
Leif E. Moll ist Geschäftsführer von Merck in Österreich und seit Februar 2025 Präsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich.
Video
Drei Fragen an Leif Moll
Was Leif Moll antreibt und was er erreichen will, erklärt der neue FOPI-Präsident auch im Video-Interview.

Interna
Ute Van Goethem neue FOPI-Vizepräsidentin
Mit der Wahl von Mag. Ute Van Goethem zur Vize-Präsidentin ist die Neuaufstellung des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) abgeschlossen. Nach der Bestellung von Leif E. Moll zum Präsidenten vervollständigt die erfahrene Pharmamanagerin das Präsidium und wird gemeinsam mit Vize-Präsident George Tousimis und Generalsekretärin Astrid Jankowitsch den Verband nach außen vertreten.
Ute Van Goethem ist hauptberuflich General Manager von AbbVie in Österreich und bringt weitreichende internationale Erfahrung mit ein. Vor ihrem Wechsel nach Österreich verantwortete sie als Commercial Director Oncology den gesamten Bereich in Europa.
Als Triebkraft für das ehrenamtliche Engagement innerhalb des FOPI nennt die gebürtige Oberösterreicherin: „Die innovative pharmazeutische Industrie ist eine verlässliche Partnerin, wenn es darum geht, neue Standards in der Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen zu setzen. Doch pharmazeutische Innovationen können nur dann ihren Wert für das Gesundheitssystem und somit auch für die Gesellschaft entfalten, wenn sie rasch dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden – bei den Patient:innen. Ich möchte mich für gute Rahmenbedingungen von der Erforschung bis zur Erstattung einsetzen.“
„Gerade die aktuelle politische Situation gibt uns die Möglichkeit, gemeinsam mit den anderen Partnern das Gesundheitswesen zum Besseren zu verändern – mit einem konstruktiven Dialog und konkreten Lösungsvorschlägen“, so Van Goethem. „Als Vertreter:innen von Unternehmen, die mit innovativen Medikamenten Patient:innen und Ärzt:innen neue Therapieoptionen erschließen, sehen wir darin eine unserer Kernaufgaben.“

Fakten des Monats
Innovation nur mehr mit Klimmzügen möglich
Die von FOPI und PHARMIG ins Leben gerufene „Time to Patient“-Datenbank zeigt klar den Preisdruck im extramuralen Sektor in Österreich auf: Innovationen können in Österreich nur mehr mit einem Preismodell und/oder befristet in die Regelerstattung kommen. In der zuletzt ausgewerteten Jahreskohorte 2020-2023 (Jahr der Zulassung) lag der Anteil der Medikamente, die nur mit solchen Zusatzvereinbarungen in den EKO kommen dürfen, schon bei 95 Prozent. In der Kohorte 2015-2018 lag der Anteil noch bei „nur“ 81 Prozent.
Während vertrauliche Preismodelle ein akzeptiertes und auch in anderen Ländern etabliertes Instrument sind, um Innovationen schnell und gleichzeitig für die Sozialversicherung kostengünstig verfügbar zu machen, sind sachgrundlose Befristungen von Aufnahmen in den EKO kritisch zu sehen: Denn diese reduzieren Planungssicherheit für Anwender:innen, Patient:innen und pharmazeutische Unternehmen und stellen schlimmstenfalls die Behandlungskontinuität in Frage. Da sich diese Art von Befristungen außerdem bestenfalls in einer rechtlichen Grauzone befindet, setzen wir uns für deren Abschaffung ein.

Wort des Monats
Gürtelrose – Schmerzen die kaum auszuhalten sind
„Im Nachhinein weiß ich gar nicht mehr, wie ich das überstanden habe. Es war so extrem.“ Monika hatte eine Gürtelrose. Die in ihren Worten „unerträglichen Schmerzen“ ließen sie mehr als ein halbes Jahr fast nicht schlafen, nur eingeschränkt arbeiten sowie Freizeit und Familie erleben – trotz starker Schmerzmedikamente. Es ist aber auch eine Erkrankung, gegen die innovative Therapien in Form einer Impfung schützen kann. Monika hat sich impfen lassen, um sicherzugehen, dass sie an einer Gürtelrose in diesem Ausmaß nie mehr erkranken kann.
Hier geht’s zum Video.

Interview
Kirsten Wittling – schneller Marktzugang ist essenziell für bessere Versorgung
Gerade im Bereich der seltenen Erkrankungen ist ein schneller Zugang zu innovativen Therapien für die Versorgung der Patient:innen entscheidend. Deshalb darf der Einsatz dafür kein Lippenbekenntnis bleiben, meint Kirsten Wittling, General Manager Alps bei UCB Pharma, im Interview mit FOPI.flash.
Sie sind seit Herbst 2024 als General Manager Alps auch für Österreich zuständig. Was ist Ihr erster Eindruck vom österreichischen Gesundheitssystem? Was sind aus Ihrer Sicht Besonderheiten – im Guten wie im nicht ganz so Guten?
In meiner Funktion als Geschäftsführerin bei UCB bin ich zwar neu für Österreich zuständig, allerdings habe ich bereits viele Jahre Erfahrung als Bereichsleiterin und Geschäftsführerin bei Alexion, EUSA und Kyowa Kirin gesammelt. Dadurch konnte ich bereits tiefergehende Kenntnisse über das österreichische Gesundheitssystem erwerben. Die Pharmaindustrie stellt eine Schlüsselindustrie für Österreich dar, ist ein wichtiger Life-Science Standort und sollte auch weiterhin verstärkt als solcher positioniert werden – hier sehe ich Parallelen zu Deutschland, wo diese Positionierung in den letzten Jahren zu einigen Erfolgen geführt hat.
Mit 11,2 Prozent der Ausgaben des BIP verfügt Österreich über eines der besten Gesundheitssystem der Welt, gleichzeitig steigen die Kosten in allen Bereichen, besonders auch im stationären Bereich. Die Haushaltskosten in Österreich stehen unter erhöhtem Kostendruck, wie im Übrigen in vielen europäischen Ländern. Wichtig ist es im Moment, dass die neu entstandene Regierungskoalition das Gesundheitssystem dahingehend reformiert, dass Planungssicherheit für Pharmafirmen in Österreich geschaffen wird. Dies betrifft zum einen die Preisgestaltung, aber auch den schnellen Zugang zu innovativen Therapien und damit letztlich eine bestmögliche Versorgung der Patient:innen. Dies sollte kein Lippenbekenntnis bleiben – hier ist rasches Handeln erforderlich.
UCB ist als Unternehmen spezialisiert auf seltene Erkrankungen. Was bedeutet Ihnen in diesem Zusammenhang das FOPI als Interessensgemeinschaft der forschenden pharmazeutischen Industrie?
Der Bereich der seltenen und sehr seltenen Erkrankungen hat in den letzten Jahren eine immer größere Bedeutung erlangt. Nach wir vor sind leider etwa 95 Prozent aller seltenen Erkrankungen nicht mit zielgerichteten Therapien behandelbar – oft ist nur eine teilweise Behandlung von Symptomen möglich. Der Anteil der Kinder wird dabei auf etwa 75 Prozent geschätzt, viele der Erkrankungen sind auf genetische Mutationen zurückzuführen.
Das Besondere ist: Es gibt wenige Patient:innen einer einzigen seltenen Erkrankung – insgesamt sind mit ca. 8.000 bekannten seltenen Erkrankungen in Österreich aber etwa eine halbe Millionen Menschen betroffen. Die seit dem Jahr 2000 geltende europäische Verordnung zur Förderung von Therapien für seltene Erkrankungen, hat in den letzten Jahren zur Zulassung von ca. 200 neuen Therapien geführt, d.h. ein schneller Marktzugang ist DIE wichtige Voraussetzung für eine bessere Versorgung.
Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren verstärken – zum Wohle aller Patient:innen, d.h. hier müssen wir ein hohes Versorgungslevel erhalten.
Die Mitglieder der FOPI sind allesamt Hersteller innovativer Medikamente und verfolgen das gleiche Ziel, nämlich die nachhaltige Sicherung der Patientenversorgung in Österreich. Somit bildet das FOPI eine starke Gemeinschaft, um in der Politik Signale zu setzen und z.B. mit dem FOPI Think & Do Tank gemeinsame Strategien zu erarbeiten, Hürden abzubauen und langfristig eine bessere Versorgung der Patient:innen zu erreichen.
Wir leben gerade in einer Zeit von vielen Veränderungen – international, aber auch national. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, aber auch die größten Chancen für ein Gesundheitssystem der Zukunft?
Die aktuelle internationale, geopolitische Lage mit Kriegen, möglichen Kriegs-Szenarien, der Androhung von Handelszöllen in die USA führt sicher eher zu Unsicherheiten, neuen Betrachtungsweisen und Risikobewertungen. Daneben gibt es aber auch noch den demographischen Veränderungen in Österreich, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern. Dies führt dazu, dass wir weniger Leistungserbringer haben und immer mehr Menschen höheren Alters, die statistisch mehr Medikamente benötigen. Die derzeitigen Restriktionen in der Erstattungs- und Preisgestaltung verursachen bereits Verzögerungen beim Marktzugang. Weitere Einschränkungen durch einen strikten Regeltextentwurf im Vergleich zum EMA-Zulassungstext reduzieren die Verfügbarkeit innovativer Therapien weiter, insbesondere wenn diese mit erheblichen Preisforderungen einhergehen, die die Anerkennung von Innovationen behindern.
Auf der anderen Seite können wir Patient:innen, die dem Arbeitsmarkt aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung gar nicht mehr zu Verfügung stehen, durch zielgerichtete Therapien wieder ein normales Leben ermöglichen und somit eine Steigerung der Wirtschaftskraft erzielen. Die Förderung von Forschung & Entwicklung erfordert jedoch eine innovationsfreundliche Politik, nur so werden wir als Industrie weiterhin investieren und letztlich zum Wohlstand von Österreich beitragen können.
Dabei birgt auch die Entwicklung von Gentherapie großes Potenzial.
Als Chemikerin kennen Sie die Komplexität von pharmazeutischer Forschung aus eigener Erfahrung. Was macht für Sie den Reiz und die Faszination dieser Industriesparte aus?
Nach meiner Promotion am Forschungszentrum Jülich war es mein größter Wunsch in einem chemischen Betrieb, ggfs. auch in F&E zu arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die chemische Industrie aber gerade in einer deutlichen Rezession und Arbeitsplätze waren rar.
Aus dieser Verlegenheit heraus habe ich mich, mehr probehalber, im Außendienst der pharmazeutischen Industrie beworben und wurde angenommen. Nach kürzester Zeit habe ich beschlossen, meine weitere Karriere auch in dieser Branche weiter zu verfolgen und habe es nie bereut. Die Faszination besteht für mich in der Vielfalt der Aufgaben und der kontinuierlichen Veränderung/Anpassung an eine sich ändernde Umgebung (intern & extern). Am meisten faszinieren mich jedoch die Geschichten der Patient:innen, die uns berichten, wie unsere Arzneimittel ihnen Tag für Tag ein besseres Leben ermöglichen.
Über UCB
UCB widmet sich als biopharmazeutisches Unternehmen der Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von innovativen Arzneimitteln/Medizinprodukten in den Bereichen Zentrales Nervensystem, Immun- und Entzündungserkrankungen sowie Skelett- und seltene Erkrankungen.