Das Mögliche tun

Seit einigen Jahren sind die steigenden Kosten für Arzneimittel in den Fokus der österreichischen Gesundheitspolitik geraten – sie sind Gegenstand von Maßnahmen (siehe Zielsteuerungsvereinbarungen) und häufig Gast in der aktuellen medialen Auseinandersetzung. Diese Aufmerksamkeit hat dazu geführt, dass zum Teil ein Perspektivenwechsel für die Rechtsträger von Krankenanstalten stattgefunden hat, der die bislang Fachexperten zugeordnete Beschaffung von Arzneimitteln nunmehr in den Fokus einer mehr oder minder aufgeregten politischen Agenda stellt. War die Beschaffung von Arzneimittel bisher eine hochkomplexe und nur den fachkundigen Experten zugedachte Tätigkeit, so findet sie sich jetzt verortet in einer Gerechtigkeitsdebatte um „faire Kosten“, die nicht lösbare Frage nach der Wahl der angebotenen Preisbenchmarks und anderer Faktoren. 

Nun haben alle diese neuen Aspekte, die im Rahmen der Beschaffung von Arzneimittel zu beachten sind, ihre Berechtigung. Es sollte aber auch außer Streit gestellt sein, dass der Kostenanstieg bei Arzneimittel in Krankenanstalten, der den durchschnittlichen Anstieg des Sachmittelaufwandes übersteigt, nur einen Bruchteil des nominellen Anstiegs, der in den letzten Jahren umgesetzten Personalaufwendungen in Krankenanstalten ausmacht.

Eines hat der verstärkte Fokus auf die Arzneimittelkosten jedenfalls bewirkt – die Beraterindustrie und externe Fachexperten (Gesundheitsökonomen) haben Hochkonjunktur und finden bei der Gesundheitspolitik (die ja Zahler ist) Gehör – und das macht die komplexe Lage nicht einfacher.

Bislang ist es gut gelungen die Positionen von Krankenanstalteneinkauf und Pharmaindustrie in ein für beide Seiten wirtschaftlich verträgliches Gleichgewicht zu bringen und das jedenfalls unter Wahrung der für beide Seiten unabdingbaren grundsätzlichen je eigenen Dispositionsmöglichkeiten. So wird es den Krankenanstaltenträgern immer vorbehalten sein, über den Einsatz von Arzneimittel grundsätzlich zu entscheiden, und diesen auch (wenn auch als ultima ratio), aus Erwägungen einer gerechten Ressourcenallokation, abzulehnen. Ebenso bleibt es jedem Lieferanten jedenfalls unbenommen (soweit nicht gesetzliche Vorgaben dies reglementieren) die Preise für die angebotenen Arzneimittel nach eigenen Vorstellungen festzulegen.

Wenn nunmehr mithilfe von Benchmarks primär Einkaufspreise miteinander verglichen werden, so führt dies dazu, dass die Komplexität der Beschaffung von Arzneimitteln letztlich auf eine Kennzahl, den Einkaufspreis, reduziert wird und alle anderen budgetrelevanten Faktoren (Bundeling-Effekte, Risk-Share Modelle, Gratis- und Studienware) bleiben dann unberücksichtigt, oder müssen mühsam bewertet und in den Einkaufspreis eingerechnet werden. Das führt naturgemäß dazu, dass damit grobe Verzerrungen entstehen und für beide Seiten ein letztlich unnötiger Rechtfertigungsaufwand im Hinblick auf das erzielte Ergebnis der Konditionenverhandlung entsteht.

Darüber ließe sich jetzt lang und breit lamentieren, wir werden aber, jedenfalls in den nächsten Jahren, mit derartigen Petitessen weiterleben müssen, könnten aber versuchen, die ohnehin schwierigen Verhandlungen, soweit dies möglich ist, zu entspannen. Dabei stelle ich nicht auf Preisreduktionen ab (allenfalls auf einfachere Verrechnungsmodelle), die in einem Spill Over Markt wie Österreich erfahrungsgemäß nur schwer zu erreichen sind. Eine wesentliche Erleichterung, die für beide Seiten gleichermaßen hilfreich ist, wäre schon erreicht, wenn die Industrie mehr an Transparenz im Hinblick auf die Preise im europäischen Setting sicherstellt.

Bei allem Verständnis für konzerninterne Verschwiegenheitsvorgaben, wäre es sicherlich überlegenswert, die Industriepartner (und das sind die Krankenanstalten) jedenfalls durch ein Mehr an Transparenz bei den Preisen in die Lage zu versetzen ihren Fokus mehr dem eigentlichen Kerngeschäft als der Reaktion auf externe „Evidenzen“ zu richten.

Gastkommentar von Dr. Edgar Starz, Leiter Zentraleinkauf, KAGes Services