Wolfgang Mair: Andere Länder sind effizienter und schneller

Wolfgang Mair bedauert, dass die Vertragsverhandlungen mit Spitälern in anderen Ländern deutlich effizienter und schneller verlaufen und Österreich deshalb oftmals von klinischen Studien ausgeschlossen ist. Und er wünscht sich eine „Professionalisierung“ der Studienzentren, um klinische Forschung hierzulande voranzutreiben. Ein FOPI.Wordrap mit dem Medical Director von Merck Österreich.         

Was fasziniert Sie an klinischer Forschung?

Ich konnte selbst einige Jahre bei Studien operational mitarbeiten und bin stolz, bei wichtigen Medikamentenentwicklungen dabei gewesen zu sein. Faszinierend ist, in welchem Ausmaß Krankheiten durch innovative Medikamentenentwicklungen verhindert und/oder abgeschwächt werden können, z.B. durch die HPV-Impfung, aktuell Sars-CoV-2 Impfstoffe sowie Immunonkologika. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die mitunter bahnbrechende Bedeutung solcher Neuentwicklungen für Patient:innen und die Gesellschaft außerhalb der Fachkreise in ihrer Tragweite nicht recht gewürdigt wird.

Was heißt klinische Forschung in Österreich für Sie?

Wir können auch in Österreich an wichtigen Medikamentenentwicklungen erfolgreich beteiligt sein. Ärzt:innen haben dadurch die Möglichkeit, frühzeitig bei neuen Therapieansätzen Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Für Patient:innen ist ein Vorteil, dass sie in klinischen Studien standardisiert und kontrolliert betreut werden. Um erfolgreich zu sein ist wichtig, dass alle Beteiligten (Prüfzentren, Behörde, Arzneimittelhersteller) die Wichtigkeit dieser Aufgabe auch leben, um die bestmögliche Versorgung für Patient:innen zu gewährleisten.

Spielt Österreich in der internationalen klinischen Forschung mit oder verlieren wir den Anschluss?

Es war und ist ein harter Wettkampf in welchen Regionen/Ländern die Medikamentenentwicklung erfolgt. Ich konnte selbst die Erfahrung machen, dass Österreich bei einzelnen Programmen führend international mitspielen kann. Das erfordert die entsprechende Fokussierung und Anstrengung aller Beteiligten.

Wo sind die Pain-Points der klinischen Forschung in Österreich?

Langwierige Vertragsverhandlungen mit Spitälern sind weiterhin ein Thema. Wir sind von manchen Studien einfach deshalb ausgeschlossen, weil andere Länder hier deutlich effizienter und schneller sind. Ein anderer Aspekt betrifft die „Professionalisierung“ der Studienzentren, insbesondere im Hinblick auf ausreichende Ressourcen im ärztlichen und nicht-ärztlichen Bereich. Hier sehe ich deutliche Fortschritte in den letzten Jahren und trotzdem ist im internationalen Vergleich noch „Luft nach oben“. Außerdem beobachte ich, dass klinische Forschung in einem innovationsfreundlichen Klima gedeiht. Dies betrifft beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen privaten und staatlichen Organisationen, aber eben auch eine angemessene und zeitnahe Erstattung medizinischer Innovation.

Was würden Sie benennen, wenn Sie drei Wünsche zur Verbesserung der Lage freihätten?

Das wären natürlich die erwähnten ‚pain points‘ betreffend langwieriger Vertragsverhandlungen und „Professionalisierung“ der Studienzentren. Ein weiteres Anliegen – welches nicht unmittelbar mit Studien zusammenhängt – ist, dass die Kostenerstattung bei innovativen zugelassen Medikamenten oft mit monate- bis jahrelanger Verzögerung in Österreich erfolgt. Für mich ist es schmerzlich zu sehen, dass man bei einem erfolgreichen klinischen Studienprogramm dabei war und das resultierende Produkt in Österreich dann lange Zeit für Patient:innen nicht verfügbar ist.

Dr. med. Wolfgang Mair ist Medical Director Merck GesmbH Österreich. Nach seiner Tätigkeit als praktischer Arzt ist er seit 25 Jahren in pharmazeutischen Unternehmen beschäftigt, mit Verantwortung für Österreich und Europa (Schwerpunkte Medical Affairs und Clinical Operations) South Eastern Europe.