Pascal Schumacher – General Manager Vifor Pharma Austria

Sie stammen aus der Schweiz und haben zweifellos einen differenzierten Blick auf den österreichischen Gesundheitssektor. Welche Trends nehmen Sie wahr? Wie wird der Wert von Arzneimittel-Innovationen gesehen?
Generell stellt man fest, dass die gesundheitliche Versorgung in Österreich sehr gut ist und eigentlich gut funktioniert. Nichtsdestotrotz steht der Gesundheitssektor, wie in anderen Ländern, vor großen Herausforderungen. Die größte Herausforderung meiner Meinung nach liegt in Österreich in der Grundversorgung, der Basis des Gesundheitssystems: Erstens liegt das Durchschnittsalter bei den AllgemeinpraktikerInnen bei 58 Jahren und es fehlt an Nachwuchs. Zweitens gibt es immer weniger KassenärztInnen, unter anderem auch weil die Anreize fehlen. Wenn man 80-90 Patientinnen und Patienten pro Tag betreuen muss, um die Fixkosten zu decken, dann kann das System nicht auf Dauer funktionieren. Drittens, am Land nimmt das Ärztesterben besorgniserregende Ausmaße an.

Arzneimittel-Innovationen steht die Ärzteschaft in Österreich sehr offen und neugierig gegenüber. Meines Wissens sind die meisten Therapien auch verfügbar. Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass die PatientInnen Zugang zu diesen Therapien haben, weil diese nicht immer von den Kassen rückerstattet werden. Die EU hat im Januar 2000 die Verordnung über Arzneimittel für seltene Krankheiten umgesetzt, mit dem Ziel, Anreize für die Pharma-Industrie zu schaffen, auch in Forschung rundum so genannte „Rare Diseases“ zu investieren. Dies wurde auch sofort von den forschenden Firmen als Chance erkannt. Obwohl es sich bei der Versorgung von PatientInnen mit seltenen Erkrankungen seit der EU-Verordnung um eine beispiellose Erfolgsstory handelt – oder vielleicht gerade deswegen – tragen solch teure Therapien dazu bei, dass die Kosten im Gesundheitswesen weiter ansteigen. Ein klassischer Zielkonflikt, nicht nur in Österreich, wo die Pharma-Industrie und die Budget-Verantwortlichen gemeinsame Lösungen finden müssen.

Was schätzen Sie am österreichischen System?
Wichtig ist, dass PatientInnen versorgt werden, wenn es darauf ankommt und ich schätze, dass dies in Österreich gut funktioniert. Man darf nicht vergessen, dass dies nicht selbstverständlich ist. Es gibt viele Länder, wo PatientInnen keinen Zugang zu ärztlichen Leistungen und Medikamenten haben, entweder weil sie keine Versicherung haben oder die medizinische Versorgung schlecht ist.

Können Sie über ein Beispiel aus Ihrem unmittelbaren Bereich berichten, das sinnbildlich für Ihre Einschätzung stehen kann?Kürzlich musste ich mit dem Kind unserer Nachbarn ins Spital fahren, weil es auf den Kopf gefallen war. Die Notfall-Aufnahme war schnell und effizient und das Kind kam rasch in die Obhut eines kompetenten Arztes.

Was müsste getan werden, damit die Versorgung heimischer PatientInnen mit innovativen Arzneimitteln für die Zukunft sichergestellt ist?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Wir alle wissen, dass innovative Arzneimittel das Leid der PatientInnen massiv reduzieren können. Dem gegenüber stehen meistens sehr hohe Kosten. Ein möglicher Lösungsansatz wäre, so genannte „Value-based“ oder „Pay-for-Performance“-Verträge einzuführen. Das Prinzip kennen wir ja aus dem Alltag: Wenn man einen Tisch in einem Möbelhaus kauft, bezahlt man ja auch für ein fertiges Produkt und den Value, den man wahrnimmt. Heißt, wenn mir der Tisch gefällt und der Preis einen für mich akzeptablen Wert widerspiegelt, dann werde ich diesen kaufen. Für ein Medikament könnte man das gleiche Prinzip anwenden: Wenn es die erwünschte Wirkung erbringt, muss man dafür bezahlen. Wenn unzureichende oder keine Wirkung eintritt, dann muss man weniger resp. nichts dafür bezahlen. Um auf das vorherige Beispiel mit dem Tisch zurück zu kommen: Wir würden ja auch nicht einen kaputten Tisch kaufen. Bei einem solchen Value-based Ansatz würde die Herausforderung ganz klar bei der objektiven „Wirksamkeitsbeurteilung“ liegen und wie man diese festlegt.

Über Vifor Pharma
Die Vifor Pharma Gruppe ist ein globales Spezialitäten-Pharmaunternehmen, das eigene Pharmaprodukte erforscht, entwickelt, herstellt und vertreibt und ein bevorzugter Partner für innovative patientenorientierte Lösungen ist. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, ein globaler Marktführer in den Bereichen Eisenmangel, Nephrologie und kardiorenale Therapien zu sein und weltweit Patienten mit schweren und chronischen Erkrankungen zu einem besseren Leben zu verhelfen. Dieses Ziel wurde etwa im Bereich Eisenmangeltherapie bereits in vielen Ländern erreicht, so auch in Österreich. Die Vifor Pharma Gruppe verfügt über Produktionsstätten in der Schweiz, in Portugal und in Österreich sowie über ein dynamisches Netzwerk von Vertriebsgesellschaften und Partnern zur weltweiten Marktabdeckung. Das Unternehmen mit Schweizer Wurzeln treibt die Expansion seiner weltweiten Präsenz laufend voran. Die Vifor Pharma Gruppe besteht aus Vifor Pharma, Vifor Fresenius Medical Care Renal Pharma, ihrem gemeinsamen Unternehmen mit Fresenius Medical Care, Relypsa und OM Pharma.
www.viforpharma.at