Medizinische Forschung sichert Spitzenmedizin
Die erste Wahrnehmung von Pharmazeutika im Gesundheitswesen ist die eines Kostenfaktors. Dabei übersieht man allzu leicht, dass es erstens kaum eine diagnostische oder therapeutische Maßnahme ohne Pharmazeutika gibt und dass zweitens die pharmazeutische Industrie auch in Österreich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Dazu kommt, dass gerade in der Pharmaindustrie der Forschungsaufwand sehr hoch ist und ein beträchtlicher Anteil der heutigen Gewinne unmittelbar wieder zur Finanzierung zukunftsträchtiger Entwicklungen investiert wird.
Eine wesentliche Berührungsfläche zwischen pharmazeutischer Industrie und Gesundheitswesen stellen die klinischen Studien dar. Natürlich kann man nicht überall auf allen Gebieten forschen, aber über die jeweils konkrete Anwendung hinaus garantiert die Teilnahme an klinischen Studien, dass auf breiter Front Spitzenmedizin angeboten werden kann. Dabei ist Spitzenmedizin nicht nur als hochspezialisierte Medizin, sondern als Spitzenqualität von der Basisversorgung bis zu den tertiären Zentren zu verstehen. Klinische Studien eröffnen den österreichischen Patientinnen und Patienten frühzeitig innovative Therapien. Obwohl damit ein beträchtlicher Aufwand verbunden ist, bringen die klinischen Studien auf der anderen Seite aber auch eine Kostenersparnis für die Krankenanstaltenträger, und zwar in Form der kostenlosen Studienmedikation und des mit den Studien verbundenen Wissenstransfers. Darüber hinaus ist die Durchführung klinischer Studien eine ethische Notwendigkeit.
Die therapeutische Innovationskraft der pharmazeutischen Forschung hat sich in den letzten Jahren wieder deutlich gezeigt. Gerade in Gebieten, in denen Jahrzehnte lang weitgehend Stillstand geherrscht hat – wie z.B. bei der Behandlung mancher solider Tumore – ist es durch Biologicals zu neuen, hochwirksamen und oft maßgeschneiderten Therapien gekommen. Voraussetzung für die routinemäßige Anwendung in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem ist natürlich eine klare Evidenzlage. Dass eine solche für manche Orphan Diseases schwierig zu erreichen ist, muss man besonders berücksichtigen. Es ist zu erwarten, dass intensives Monitoring jeder einzelnen Anwendung, verbunden mit neuen statistischen Methoden, auch abseits klinischer Studien wichtige Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit liefern wird können.
Wichtig ist ein enger Schulterschluss zwischen Grundlagenforschung und Anwendung, um echte Translation herzustellen. Entsprechend meiner regionalen Herkunft möchte ich hier die Steiermark als Beispiel nennen: Karl-Franzens-Uni, Technische Uni und Med Uni Graz bilden das BioTechMed-Konsortium, in dem die Life-Science-Aktivitäten der drei Universitäten gebündelt werden. In der Innoregio Steiermark arbeiten die Universitäten und Fachhochschulen mit der Wirtschaft zusammen, und der Human.technology Styria-Cluster verbindet alle medizinisch-wissenschaftlichen Player aus dem Unternehmens- und Hochschulsektor. Mit dem Zentrum für Wissens- und Technologie-Transfer steht überdies ein einschlägiges Impuls-Zentrum am Campus der Med Uni Graz zur Verfügung.
Natürlich gilt es, Österreich als innovativen Standort zu sichern – und das ist ein vorrangiges Anliegen unserer Bundesregierung. Mit einer Forschungsquote von 3,19 % liegt Österreich in Europa an zweiter Stelle (Steiermark: 5,14 %!), und rund zwei Drittel der Forschungsaufwendungen stammen aus der Wirtschaft. Die Zeitschrift Nature hat kürzlich in ihrem Nature Index Österreich mit einer Handvoll anderer Staaten als „Rising Star“ ausgewiesen. Von Seiten der Bundespolitik setzen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen für ein weiteres Florieren der Forschung, sodass wir gemeinsam mit realistischem Optimismus in die Zukunft gehen können.
Gastkommentar von Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle, Abgeordneter zum Nationalrat, Mitglied im Gesundheitsausschuss