Kuntal Baveja: Innovation hat ihren Preis

In der Diskussion über den Wert innovativer Medikamente wäre es wichtig, dass der entscheidende Faktor nicht nur der Preis ist, sondern dass gleichermaßen die klinischen Ergebnisse sowie der Nutzen für die Lebensqualität der Patient:innen zählen, meint Kuntal Baveja, Country President bei Novartis Österreich, im Interview mit FOPI.flash. Außerdem sollten die Gesamtkosten des Gesundheitssystems, einschließlich der indirekten Gesundheitskosten, betrachtet werden.

Sie sind seit kurzem neu in der Rolle als Country President bei Novartis Österreich. Mit welchen Zielen sind Sie angetreten? Wo werden Ihre Schwerpunkte liegen?

Bei Novartis „We are reimagining medicine“ – das heißt, „wir erfinden Medizin neu“ und sind auf dem Weg, ein fokussiertes, innovatives Pharmaunternehmen zu werden. Unser Ziel ist es, bahnbrechende Innovationen zu entwickeln und die Ergebnisse für die Patient:innen in fünf therapeutischen Kernbereichen zu verbessern: Herz-Kreislauf, Immunologie, Neurowissenschaften, solide Tumore und Hämatologie. Dies wird auch meine Priorität sein, wenn ich diese Aufgabe übernehme. Dazu müssen wir sicherstellen, dass die Innovationen die Patient:innen auch wirklich schnell erreichen. Wir unterstützen dies durch vielfältige Kooperationen mit Interessengruppen und die gemeinsame Entwicklung neuer Ansätze.

Sie bringen viel Erfahrung aus anderen Ländern und Unternehmen mit. Wie ist Ihr Blick auf das österreichische Gesundheitssystem? Welche Stärken und Schwächen nehmen Sie wahr?

Ich hatte das Privileg, in mehr als zehn Märkten auf der ganzen Welt zu arbeiten und deren Gesundheitssysteme kennenzulernen. Österreich hat aus meiner Sicht das Potenzial, ein führender innovationsfreundlicher Markt zu sein, der der Bevölkerung mehr gesunde Lebensjahre ermöglicht. Dank der guten, unterstützenden Rahmenbedingungen betreiben wir in Tirol einen der größten Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandorte Österreichs und auch des globalen Novartis-Konzerns, der in der Vergangenheit immer wieder Ursprung medizinischer Innovationen war. Zusammen mit der Niederlassung in Wien beschäftigen wir derzeit mehr als 5.000 Mitarbeiter:innen.

Die meisten neuen Therapien haben die österreichischen Patient:innen erreicht, und das sogar schneller als in einigen anderen europäischen Ländern. Allerdings ist das Gesundheitssystem sehr fragmentiert und komplex, was eine qualitativ hochwertige Versorgung für spezielle und seltene Krankheiten erschwert. Das muss unbedingt weiter verbessert werden.

Wie wird der Wert von Arzneimittel-Innovationen gesehen?

Innovation wird im österreichischen Gesundheitssystem hochgehalten. Um den Wert innovativer Medikamente festzumachen, müssen aber viele Faktoren analysiert und verarbeitet werden, die im derzeitigen Gesundheitssystem mehr oder weniger wertgeschätzt werden. Es wäre wichtig, dass der entscheidende Faktor nicht nur der Preis ist, sondern dass gleichermaßen die klinischen Ergebnisse sowie der Nutzen für die Lebensqualität der Patient:innen zählen und dass die Gesamtkosten des Gesundheitssystems, einschließlich der indirekten Gesundheitskosten, berücksichtigt werden.

Innovation hat – wenn man so will – ihren Preis, und die gemeinsame Diskussion darüber, wie sie „mehr Patient:innen schneller erreichen kann“, wird in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg sein.

Was schätzen Sie am österreichischen System?

In meiner bisherigen Zeit in Österreich habe ich einige der klügsten Vordenker im Gesundheitswesen kennengelernt, die sich um die Anliegen der Patient:innen sorgen und zur Zusammenarbeit bereit sind. Auch bietet Österreich Patient:innen einen frühen Zugang zu innovativen Behandlungen in den meisten Indikationen und ermöglicht eine breite Verfügbarkeit von Therapieoptionen. Durch die jüngste Einrichtung des Innovationsfonds können außerdem Patient:innen mit seltenen Krankheiten in allen Bundesländern profitieren.

Wo bräuchte es dringend neue Lösungen, um das Gesundheitssystem angesichts von Pandemie, Preisentwicklung und regulatorischer Veränderungen zukunftsfit zu halten?

Die Gesundheitssysteme weltweit stehen vor der großen Herausforderung, die Pandemie zu überwinden und eine Resilienz für künftige Pandemien sicherzustellen. Daher müssen wir medizinischen Fortschritt in allen Facetten erreichen: in der Prävention, in der Diagnose und in der Behandlung. Und das könnte vor allem durch Partnerschaften beschleunigt werden.

Weiter gefördert werden könnte das überdies durch die Konzentration auf Daten und die Digitalisierung. Expert:innen sind sich einig, dass Gesundheitsdaten den Patient:innen erhebliche Vorteile bringen könnten, indem sie die Prognose von Risikofaktoren verbessern, das Fortschreiten von Krankheiten verhindern, eine stärker personalisierte Behandlung und gezieltere Maßnahmen erlauben. Die Nutzung von Gesundheitsdaten könnte auch den Forschungs- und Innovationsprozess optimieren und zu einer evidenzbasierten Entscheidungsfindung führen, die positiv zur Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems beitragen kann.

Was müsste getan werden, damit die Versorgung heimischer PatientInnen mit innovativen Arzneimitteln für die Zukunft sichergestellt ist?

Die Führungskräfte im österreichischen Gesundheitswesen müssen weiter, ja vielleicht intensiver zusammenarbeiten, um unsere Position als innovationsfreundlicher Markt zu stärken. Wir müssen sicherstellen, dass das Gesundheitsumfeld zukunftssicher ist. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass das Ökosystem, die Regulierung und die Vergütungsmodelle für jene zukünftigen Innovationen geeignet sind, von denen die Patient:innen in ganz Österreich profitieren können.

Ein Aspekt dabei: Als führendes pharmazeutisches Unternehmen in Österreich ist Novartis am Dekarb-Pharm-Projekt des AIT beteiligt, um die Nutzung kohlenstoffarmer Energiequellen zu evaluieren.

Über Novartis Österreich

Wir denken Medizin neu – am Puls der Gesellschaft, im Herzen Österreichs. Die österreichische Novartis Gruppe ist eines der führenden Pharmaunternehmen des Landes und gliedert sich in die Geschäftsbereiche innovative Medikamente (Pharmaceuticals, Oncology) und Generika (Sandoz). Unsere Mitarbeitenden leben täglich unsere Mission: Das Leben von Menschen zu verbessern und zu verlängern. Mit unseren Arzneimitteln erreichen wir fast 6 Millionen heimische Patientinnen und Patienten. Die Tiroler Novartis-Standorte Kundl/Schaftenau gehören zum globalen Netzwerk der Forschungs- und Entwicklungszentren des Unternehmens.

Weitere Informationen finden Sie unter www.novartis.com/at-de/.