Ingo Raimon – Generalmanager von AbbVie Österreich

Nach über zehn Jahren im Präsidium des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich – es waren drei Funktionsperioden als Präsident und davor zwei Funktionsperioden als Vize-Präsident – lief die Funktionsperiode von Ingo Raimon per Mitte November aus. Im Interview mit FOPI.flash macht er einen Blick zurück und betont, was ihm wichtig war.

Sie haben sich wirklich lange Zeit für die Anliegen der forschenden pharmazeutischen Industrie engagiert. Was war Ihre Triebfeder?

Die Pharmaindustrie war und ist weltweit mit einem schlechten Image konfrontiert, das – nicht ganz unberechtigt – durch Vorfälle in der Vergangenheit befeuert wurde. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Die vielen positiven Errungenschaften wurden dadurch oft nicht gesehen – das gilt global, aber in besonderem Maße auch für Österreich. Denn die hierzulande vergleichsweise stark ausgeprägte Wirtschaftsfeindlichkeit trägt noch das Ihre dazu bei. Außerdem ist es natürlich für so manchen Entscheidungsträger in Politik oder Behörden bequem, einen Buhmann an der Hand zu haben und zum Beispiel die Kostenentwicklung im Gesundheitssystem daran festzumachen. Dagegen wollte ich immer schon antreten, denn ich weiß, wie viel Engagement vor allem meine österreichischen KollegInnen an den Tag legen, um den PatientInnen Zugang zu innovativen Medikamenten zu ermöglichen. Und es ist unbestritten, dass die Forschung der Pharmaindustrie Leben verbessert oder sogar rettet. Gerade jetzt in der Coronavirus-Pandemie wird das evident.

Was waren dementsprechend die Schwerpunkte in Ihrer Funktion?

Ich habe mich in verschiedenen Rollen gesehen. Ich wollte Knotenpunkt für die Mitglieder sein und echten Service sowie Informationen aus erster Hand liefern. Es war mir wichtig, ein Gesprächspartner für alle Stakeholder zu sein, diesen immer mit Respekt zu begegnen und eine Diskussion auf Augenhöhe zu führen – mit Mitstreitern und mit Kritikern. Dabei habe ich die Anliegen der forschenden Pharmaindustrie mit Stolz, aber ohne Eitelkeit vertreten. Denn es ging darum, Position zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen zu beziehen, Leistungen sichtbar zu machen und rote Linien aufzuzeichnen. Und nicht zuletzt hat man als Präsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie die Aufgabe, Stimme der Branche zu sein.

Welche Themen waren Ihnen in dieser Rolle besonders wichtig?

Oh, eine Vielzahl … Aber besonders zentral war zweifellos, die Bedeutung von Arzneimittel-Innovationen für den Fortschritt der Medizin hervorzuheben. Das haben wir immer wieder betont und etwa mit der Innovationsbilanz, die gemeinsam mit der AGES präsentiert wurde, unter Beweis gestellt. Patientenrechte waren mir weiters ein Anliegen. Um die Defizite in dem Bereich aufzuzeigen, haben wir 2018 den 1. Österreichischen Patientenrechte-Tag ins Leben gerufen. Der dritte Schwerpunkt ist beim branchenpolitischen Top-Thema der Versorgungssicherheit zu sehen. Da wollte ich klarmachen, dass ein innovationsfreundliches Klima und faire Rahmenbedingungen unverzichtbar sind, wenn man die Versorgung mit neuesten Medikamenten sicherstellen will. Und jüngst ist das Thema COVID-19 über uns hereingebrochen, an dem letztlich all das festgemacht werden kann.


Sie haben sich per Mitte November zurückgezogen. Warum? Und sind Sie ein wenig wehmütig?

Nach so langer Zeit braucht es neue Zugänge, andere Ideen und den Enthusiasmus, den man zu Beginn einer solchen Funktion mitbringt. Denn die Aufgabe ist fordernd, sollte aber nicht zu sehr mit einer Person verknüpft werden. Es geht um die Sache und um die Interessen aller Mitglieder. Ich habe mich stark damit identifiziert, bin aber realistisch genug zu wissen, dass andere das genau so gut oder vielleicht sogar besser können. Ich weiß jedenfalls den Verband bei Tuba Albayrak und Wolfgang Kaps in guten Händen und wünsche ihnen das Beste. Die forschende Pharmaindustrie steht gerade jetzt im Licht der Öffentlichkeit und hat die Chance, ihre Lösungskompetenz zu beweisen.