FOPI.flash Februar 2022

In dieser Ausgabe

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© Stefan Csaky / Lisi Specht

Editorial

Neue Vize-PräsidentInnen stärken FOPI weiter

Nach zwei Jahren haben Tuba Albayrak und Wolfgang Kaps mit Ende Jänner ihre Funktion als Vize-PräsidentInnen des FOPI zurückgelegt. Sie widmen sich neuen Aufgaben mit Schwerpunkt außerhalb Österreichs. Das FOPI verdankt beiden viel. Sie haben sich in einer Phase der Neuausrichtung mit ihrer Überzeugungskraft eingebracht und maßgeblich zur partizipativen Entwicklung beigetragen. Zur weiteren Stärkung des Verbands wurden jetzt zwei ebenfalls führende Persönlichkeiten der heimischen forschenden Pharmaindustrie zu Vize-PräsidentInnen gewählt: Anthea Cherednichenko (General Manager von Takeda) und Michael Kreppel-Friedbichler (Geschäftsführer von Biogen Österreich). Die gebürtige Australierin Anthea Cherednichenko gilt als Public-Health-Expertin und bringt mehr als zehn Jahre Erfahrung aus nationalen, überregionalen und globalen Führungsfunktionen mit. Der Lebensmittel- und Biotechnologe Michael Kreppel-Friedbichler sieht seine Schwerpunkte – nach Jahren der Forschung im onkologischen Bereich sowie mehreren Marketing- und Sales-Stationen – vor allem im Möglichmachen von Innovationen. Mehr Das FOPI wird damit – davon sind wir überzeugt – an Gewicht und Profil gewinnen.

Bernhard Ecker
Präsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI)



Czypionka (c) Hans-Jörg Bruckberger

© Hans-Jörg Bruckberger

Studie zu mehr PatientInnen-Einbindung

Wege der Beteiligung

Die Einbindung von PatientInnen in die Prozesse des Gesundheitssystems ist hierzulande verbesserungsfähig. Wenn Österreich das angehen will, eignen sich Deutschland, Dänemark, England und die Niederlande als Richtschnur, wie eine Studie des IHS unter der Leitung von Thomas Czypionka aufzeigt.

Gesundheitsversorgung aus öffentlicher Hand wird durch die Beiträge von Versicherten finanziert und sollte daher eine bestmögliche Erfüllung ihrer Bedürfnisse zum Ziel haben. Nichtsdestotrotz ist die Einbindung von Versicherten bzw. PatientInnen in Entscheidungsprozesse auf den Ebenen der Leistungserbringung, der Versorgungsplanung bzw. der Erstellung des Leistungskatalogs in Österreich verbesserungsfähig.

Mitsprache kaum institutionalisiert

Strukturen, die eine unmittelbare Mitsprache von PatientInnen ermöglichen, sind in Österreich nicht weit entwickelt bzw. kaum formell institutionalisiert – vielmehr findet Einbindung hauptsächlich indirekt über vertretende Institutionen, wie z.B. die PatientInnenanwaltschaft, statt. „In den vergangenen Jahren gab es vereinzelt Bemühungen, Beteiligung über Programme und Strategien auf nationaler Ebene voranzutreiben, während beispielsweise von Seiten der Selbsthilfebewegung vermehrte Partizipation eingefordert wurde“, so die Studienautoren Thomas Czypionka, Miriam Reiss und Christoph Stegner. Die Selbsthilfe per se wird seit 2018 verstärkt von öffentlicher Seite gefördert. Mit dem Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) wurde ein Dachverband der bundesweit tätigen, themenbezogenen Selbsthilfe- und PatientInnenorganisationen geschaffen. Darüber hinaus wurde die Österreichische Kompetenz- und Servicestelle für Selbsthilfe (ÖKUSS) eingerichtet, die bundesweit tätige Selbsthilfeorganisationen in ihren Aktivitäten und der Interessensvertretung unterstützen sowie zur Vernetzung beitragen soll.

PatientInnenbefragungen noch wenig etabliert

Neben institutionalisierten Beteiligungsformen sind auch Befragungen ein geeignetes Instrument, um die Sichtweisen von Versicherten bzw. PatientInnen in Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen. Großangelegte PatientInnenbefragungen wurden in Österreich zwar bereits durchgeführt, jedoch wurden daraus bislang keine regelmäßig durchgeführten Routinebefragungen etabliert.

„Es stellt sich daher die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, Versicherte und PatientInnen stärker einzubinden, um Leistungsangebot bzw. -erbringung besser an ihren Bedürfnissen zu orientieren bzw. die Identifikation der Einzelnen mit dem Gesundheitssystem zu optimieren“, spitzen die AutorInnen das Thema zu.

Internationale Best Practice Beispiele

Hoch interessant sind dafür die Fallbeispiele aus vier europäischen Ländern, in denen bereits fortgeschrittene Modelle der PatientInnenbeteiligung zur Anwendung kommen. Nachzulesen sind die Best Practice Fälle aus Deutschland, Dänemark, England und den Niederlanden in der Studie.

Grad der Einbindung ist Balanceakt

Die Beteiligung von BürgerInnen, Versicherten und PatientInnen an Entscheidungen in Gesundheitssystemen wird heute allgemein als wünschenswert betrachtet. Je nach Entscheidungsebene und Thema werden aber unterschiedliche Arten und Grade der Einbindung möglich und auch kosteneffizient sein. „Überspitzt formuliert macht eine Urabstimmung unter Versicherten über die Erstattung eines Medikaments keinen Sinn. Genauso kann aber nicht nur die PatientInnengruppe, die davon profitiert, über die Aufnahme in den EKO entscheiden und die Kosten auf die Versichertengemeinschaft überwälzen“, kann man im Bericht lesen.

Diese Überlegungen dürften auch erklären, warum die meisten Länder vielfache Wege der Einbindung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen wählen. Neben der Ebene bzw. dem Thema, bei dem es zur Beteiligung an Entscheidungen kommt, ergibt sich die Frage, welche Instrumente zur Einbindung in einzelnen Bereichen jeweils erforderlich und geeignet sind. Hierfür gibt es zahlreiche bereits erprobte Optionen in anderen Ländern.

Situation in Österreich

Im internationalen Vergleich finden wir in Österreich traditionell eine indirekte Vertretung der BürgerInnen-, Versicherten- und PatientInneninteressen vor. Es besteht keine Wahl des Versicherungsträgers, die Selbstverwaltungskörper werden von den Sozialpartnern beschickt und ebenfalls nicht direkt gewählt. Die Gestaltung des Gesundheitswesens spielt bei den entsprechenden Wahlen eine untergeordnete Rolle. Auch PatientInneninteressen werden in erster Linie durch gesetzliche, von der Gebietskörperschaft bestellte PatientInnenanwältInnen wahrgenommen (z.B. als Vertretungen in der BGA oder den Landesgesundheitsfonds), während die Rolle bzw. die Kompetenzen unmittelbar Betroffener wie der Selbsthilfeorganisationen eher wenig gesetzlich definiert ist.

Politisches Ziel als Knackpunkt

Wenn man wie in anderen Ländern eine verstärkte Einbindung von BürgerInnen, Versicherten und PatientInnen als politisches Ziel definiert, wird die Situation durch die Reduktion der Sozialversicherungsgremien durch die Sozialversicherungsreform 2019 eher verschärft, da in dieser indirekten Form der Beteiligung auch noch die Breite reduziert wird. Dies bietet aber auch die Chance, die Menschen direkter einzubinden.

Die internationalen Beispiele zeigen aber auch, dass es sich dabei um eine nichttriviale Aufgabe handelt, die auch eine Änderung des institutionellen Aufbaus bzw. der Kultur erfordert. Hierzu müsste eine Vision entwickelt werden, aus der eine zeitlich abgestufte Strategie erarbeitet wird, meinen die Autoren.

Die Studie „Wege der Beteiligung. Zur Einbindung von BürgerInnen, Versicherten und PatientInnen in Entscheidungen im Gesundheitswesen“ von Thomas Czypionka, Miriam Reiss und Christoph Stegner ist hier nachzulesen.



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© Commonwealth Fund

Innovation Journey

Was unterscheidet die besten Gesundheitssysteme?

Manche Länder erzielen bessere Ergebnisse mit ihrem Gesundheitssystem als andere – und das trotz geringerer Ausgaben. Welche Faktoren sind dafür ausschlaggebend? Teil 3 der Analyse des Commonwealth Fund schließt diese Innovation Journey ab.

Mit dem „Mirror 2021“ hat der Commonwealth Fund die Gesundheitssysteme der elf einkommensstärksten Länder verglichen und aufschlussreiche Trends aufgezeigt. Wesentliche Aspekte hat FOPI.flash bereits in der Dezember-Ausgabe sowie in der Jänner-Ausgabe dargestellt. Abschließend ziehen die AutorInnen dieses Reports einige grundlegende Lehren daraus:

  • Um bessere Gesundheitsergebnisse zu erzielen, sind politische Veränderungen innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens erforderlich.
  • Die Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung erfordert eine Ausweitung und Stärkung des Versicherungsschutzes.
  • Um den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern, muss die Primärversorgung gestärkt und auf alle Gemeinden ausgedehnt werden.
  • Eine Verringerung des Verwaltungsaufwands kann Ressourcen freisetzen, die für die Verbesserung der Gesundheit eingesetzt werden können.
  • Um eine bessere Leistung des Gesundheitssystems zu erreichen, sind intelligentere Ausgaben – nicht mehr Ausgaben – erforderlich.

Wie die COVID-19-Pandemie deutlich gezeigt hat, verfügt kein Land über ein perfektes Gesundheitssystem. Die Gesundheitsfürsorge ist ein fortlaufender Prozess. Die Wissenschaft entwickelt sich weiter und schafft neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. Indem man jedoch von dem lernt, was in anderen Ländern funktioniert hat, kann man dem Ideal eines Gesundheitssystems näherkommen. Im Detail nachzulesen im Bericht.

Kuh 2(c) Freepik

© Freepik

Zahlen des Monats

Von Kühen und Menschen

PatientInnen-Daten gibt es nicht nur von Menschen, sondern auch von Kühen. Der Vorteil – bei diesen gibt es keine Diskussion über den Datenschutz. Deshalb dienen sie der Wissenschaft nun als Modell. Am Complexity Science Hub in Wien versucht man die tierischen Daten – etwa von der automatisierten Fütterung und dem Melk-Roboter – für den Menschen nutzbar zu machen. Lässt sich vorhersagen, ob ein Tier erkranken wird, kann man das entsprechende Modell auch für menschliche Krankheitsprognosen anpassen. Kurz gefasst auf Ö1 Digital Leben nachzuhören. Detaillierte Information liefert die Website des Complexity Science Hub.

Quelle: Complexity Science Hub



heinisch_2(c) Peter Mayr

© Vinzenz Gruppe/P. Mayr

Im Interview

Michael Heinisch: Wir Menschen brauchen Benefits für Prävention

Prävention wird von nahezu allen österreichischen GesundheitspolitikerInnen beschworen und findet sich explizit auch im aktuellen Regierungsprogramm wieder. Dennoch kommt die Prävention nach Meinung vieler ExpertInnen zu kurz.FOPI.flash sprach dazu mit Michael Heinisch, Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe und bekannt als einer der Vordenker des Gesundheitswesens.

Wie ist es aus Ihrer Sicht um die Prävention in Österreich bestellt?

Prävention ist prinzipiell ein schwieriges Thema für uns Menschen. Wir sind psychologisch so gestrickt, dass wir ungern in etwas investieren, das erst langfristig einen Effekt bringt. Wir wollen kurzfristige Benefits, und die liefert die Prävention nun einmal nicht. Denn was haben wir denn jetzt davon, wenn wir uns gesund ernähren, auf manches verzichten, nicht rauchen, wenig trinken?

Deshalb muss man aus meiner Sicht ganz massiv auf die Jugend setzen und frühzeitig mit Aus- und Fortbildung beginnen. Gesundheitsförderndes Verhalten muss der nachkommenden Generation in Fleisch und Blut übergehen und zu einer Selbstverständlichkeit werden. Dann haben wir nämlich auch eine Rückwirkung auf die ältere Generation – ähnlich wie in den 80er- und 90er-Jahren, als die Jungen die Älteren das Umweltbewusstsein gelehrt haben.

Der zweite Bereich, wo ich ansetzen würde, ist die betriebliche Vorsorge. Auch da kann man die Menschen gut erreichen, weil sie an ihrem Arbeitsplatz viel Zeit verbringen und ein Interesse haben, gemeinsam etwas zu bewegen.

Doch in beiden Bereichen haben wir zweifellos Aufholbedarf!

Sie appellieren mit diesen Überlegungen sehr stark an die individuelle und auch an die gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Sehen Sie Prävention nicht als Aufgabe der Gesundheitspolitik?
Nicht primär und nicht ausschließlich. Natürlich ist Prävention auch eine Aufgabe der Politik, aber mit einem „Health in all policies“-Zugang. Ganz entscheidend ist meiner Ansicht nach etwa die Bildungspolitik. Gesundheitsbewusstsein sollte sich wie ein roter Faden durch den gesamten Lehrplan ziehen.

Zusätzlich würde ich noch in einem anderen Bereich ansetzen, nämlich bei der Transparenz von Gesundheitsdaten. Bis vor zwei Jahren waren Statistiken über Erkrankungen ein Fremdwort in den täglichen Nachrichtensendungen, es war einfach kein Thema in der öffentlichen Diskussion. Mit Beginn der Pandemie wurde dann schlagartig über die Entwicklung von Infektionszahlen gesprochen, wir bekamen plötzlich Begriffe wie „Inzidenz“ oder „Inkubationszeit“ erklärt – und ruckzuck entwickelte sich ein Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung, das wir vorher nicht kannten.

Derartige hoch relevante Daten zu gesundheitlichen Faktoren wie Rauchen, Alkohol, oder ähnliches würde ich mir laufend wünschen.

Wo also sehen Sie besonderen Handlungsbedarf?

Ganz klar in der Bildung wie schon erwähnt. Aber auch in der Forschung. Denn wir wissen eigentlich nicht, wie man Menschen dazu veranlasst, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Und das ist entscheidend. Die Information über Einflussfaktoren ist das Eine, die Verhaltensänderung das Andere. Das könnte durch einen Forschungsschwerpunkt, vermutlich unter Beteiligung von Verhaltens-PsychologInnen, näher beleuchtet werden.

Warum aber passiert nicht mehr auf diesem Gebiet? Liegt es an den finanziellen Mitteln? Die öffentliche Hand wendet für Gesundheitsförderung und Prävention (ohne Rehabilitation) gerade einmal 3,3 Prozent der laufenden Gesundheitsausgaben auf.

Jein, ich denke, dass die Mittel falsch gelenkt werden. Wenn man langfristig denkt, könnte man Mittel von der Reparaturmedizin zur Prävention umschichten. Denn auf lange Sicht rechnet sich Prävention. Aber ich zweifle daran, dass bei unseren Entscheidungen die langfristige Perspektive immer im Vordergrund steht.

Was sind aus Ihrer Sicht Hürden, die man für eine wirkungsvolle Präventionsstrategie beseitigen müsste?

Da wären vermutlich viele Dinge wichtig. Sinnvoll wäre es jedenfalls, die Digitalisierung zu nützen. Wenn man bedenkt, dass Menschen durch präventives Verhalten keinen unmittelbaren Vorteil haben, könnte man bei Belohnungselementen ansetzen. Schrittzähler „belohnen“ aktive Personen mit positiver Bestätigung für das Erreichen des Ziels. Elektronische Diätpläne loben die NutzerInnen. Und Tools für AutofahrerInnen, die nicht während der Fahrt aufs Handy schauen, werden von Versicherungen als Basis für Prämienreduktion genützt. In diese Richtung könnte man verstärkt gehen.

Wenn Sie über Ihren Wirkungsbereich hinaus an entscheidender Stelle säßen: Was wären die ersten drei Maßnahmen, die Sie umsetzen würden?

Als erstes würde ich mit dem ORF als öffentlich-rechtlichem Rundfunk ein Format entwickeln, das zu bester Sendezeit regelmäßig und anschaulich über gesundheitsrelevante Fakten berichtet. Zweitens würde ich mit dem Bildungsminister nachdenken, wie Health Literacy durchgängig im Lehrplan verankert werden könnte. Und drittens würde ich Präventionsziele sowie ein Budget definieren und einen Ideenwettbewerb starten. Institutionen und auch Einzelpersonen könnten Vorschläge machen. Die besten werden als Pilotprojekte realisiert und danach im Idealfall breit ausgerollt.

Dr. Michael Heinisch ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Vinzenz Gruppe.

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© accelent communications

Podcast

Am Mikro|skop – make the impossible possible

Die Krebsforschung ist eine Erfolgsstory. Immer mehr Menschen können geheilt werden oder mit einer Krebserkrankung ein deutlich längeres und besseres Leben führen als noch vor 10 oder 20 Jahren. Dies liegt vor allem an der Entwicklung neuer Therapieformen der Pharmaindustrie. Doch was steckt hinter den oft fast futuristisch wirkenden Ansätzen? Wie funktioniert die Forschungsarbeit? Und was sind die Herausforderungen? Diese Fragen diskutiert die neue Moderatorin Martina Rupp in der achten Episode von Am Mikro|skop mit Darryl McConnell, Senior Vice President, Research Site Head Austria bei Boehringer Ingelheim RCV. Diese und alle anderen Episoden des – gemeinsam mit dem Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) und Chemiereport/Austrian Life Sciences produzierten – Podcasts finden Sie hier: www.chemiereport.at/am-mikroskop



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© Roche

Blog

Fit for the Future?

Das Gesundheitssystem muss zukunftsfit gemacht werden. Diesen und ähnliche Stehsätze hört man in vielen öffentlichen Statements. Aber finden sie auch Eingang ins tägliche Leben, und wie beeinflusst das die Realität von PatientInnen in Österreich? Wir haben uns als forschende Pharmaunternehmen selbst gefragt, was wir geändert haben und wo wir ganz aktiv etwas beitragen können und müssen, erzählt FOPI-Generalsekretärin Ines Vancata in ihrem Blog-Beitrag. Lesen Sie mehr im neuen FOPI.Blog!


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© melloura

Wordrap

Andrea Maier: Ohne Kurskorrektur drohen Österreich massive Nachteile

Die Medical Directors der forschenden Pharmaunternehmen bilden die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und medizinischer Praxis. Daher ist ihre Perspektive oft besonders vielfältig. Im ersten Wordrap mit diesen ExpertInnen gibt Andrea Maier, Medical Director bei AbbVie Österreich, Antworten zum Thema klinische Forschung.

Was fasziniert Sie an klinischer Forschung?

Medizinischer Fortschritt ist nur durch klinische Forschung möglich! Paradigmenwechsel in der Behandlung von schweren Erkrankungen faszinieren mich als Medizinerin besonders. Damit meine ich Erkrankungen mit tödlichem Verlauf zu chronifizieren oder chronische Erkrankungen zur Heilung zu bringen.

Was heißt klinische Forschung in Österreich für Sie?

Heimischen PatientInnen wird Zugang zu State-of-the-Art-Therapien zu einem extrem frühen Zeitpunkt und mit unvergleichbar engmaschiger Betreuung geboten. ÄrztInnen forschen an der Speerspitze der Medizin und können sich in internationalen Netzwerken bewegen. Außerdem wird das Gesundheitssystem finanziell entlastet.

Spielt Österreich in der internationalen klinischen Forschung mit oder verlieren wir den Anschluss?

Österreich ist seit langer Zeit ein international bevorzugter Standort mit allen daraus resultierenden Vorteilen wie der Know-how-Transfer für unsere Top-ÄrztInnen und unverzichtbaren Inputs für eine State-of-the-Art medizinische Versorgung. Jedoch sinkt die Zahl der klinischen Studien seit Jahren. Wird nicht gegengesteuert, drohen massive Nachteile.

Wo sind die Pain-Points der klinischen Forschung in Österreich?

Moderne patientenorientierte, klinische Forschung ist in den letzten Jahren höchst komplex geworden und stellt hohe regulatorische, operative und wissenschaftliche Anforderungen an alle beteiligten Akteure. Top Wissenschaft kann nur unter optimalen Voraussetzungen stattfinden und die Rahmenbedingungen in Österreich haben sich leider nicht im gleichen Takt, in dem Innovationen in die klinische Phase eintreten, mitentwickelt.

Was würden Sie benennen, wenn Sie drei Wünsche zur Verbesserung der Lage freihätten?

Erstens, Verbesserung der Rahmenbedingungen für klinische Forschung, z.B. Vereinbarkeit von Krankenversorgung, Lehre und Forschung an den Top-Zentren, Nachwuchsförderung, Effizienzsteigerung durch Implementierung digitaler Lösungen.

Zweitens, Beschleunigung der Verfahren, Abbau von administrativen Hürden und Bürokratie.

Drittens, Schaffung von Forschungsanreizen sowie Stärkung des Wissens- und Technologietransfers.

Dr. Andrea Maier ist seit März 2021 Medical Director von AbbVie in Österreich. In dieser Funktion ist sie für den gesamten Forschungs- und Entwicklungsbereich zuständig. Dazu gehören neben den klinischen Studien auch die Interaktion mit Behörden, die wissenschaftliche Wissensvermittlung an behandelnde ÄrztInnen, die Pharmakovigilanz und die Qualitätssicherung. Die promovierte Medizinerin verfügt über langjährige Erfahrung in der Pharmabranche. Sie startete ihre Karriere bei Baxter BioScience und war zuletzt Oncology Lead Central Europe beim Unternehmen GSK.