FOPI.flash August 2022

In dieser Ausgabe

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Editorial

Weitblick wäre wünschenswert

In den USA sorgt eine neue Preisregulierung für Aufsehen, die eine Art Preisdeckel bei rezeptpflichtigen Medikamenten vorsieht. In Deutschland hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach Kritiker auf den Plan gerufen, indem er zur Finanzierung der pandemiebedingt höheren Ausgaben einen Zwangsrabatt einführen will. Und auch in Österreich macht die Sozialversicherung bereits Stimmung und malt (mit teils verzerrten Darstellungen) ein düsteres Bild von der Kostenentwicklung im Gesundheitsbereich.

Gemeinsam ist den Entwicklungen in allen drei Ländern, dass die Gesundheitspolitik im Umgang mit der Pandemie nicht auf strukturelle Änderungen und weitblickende Reformen der belasteten Systeme setzt – sondern schlichtweg die Pharmaindustrie zur Kasse bittet.

Das ist nachvollziehbar, denn solche Maßnahmen sind vergleichsweise einfach umzusetzen. Es ist aber kurzsichtig und löst die Probleme mitnichten. Die zwangsverordneten zusätzlichen Einnahmen verstellen den Blick darauf, wo Finanzmittel wirkungslos versickern, wo Patientinnen und Patienten trotz teurer Gesundheitssysteme unterversorgt sind und wo mit klugen Veränderungen mehr Effizienz sowie eine bessere Versorgung erzielt werden könnten.

Anders in Frankreich: Staatspräsident Emmanuel Macron nimmt die Medikamentenhersteller nicht an die finanzielle Kandare, sondern investiert kräftig. 7,5 Mrd. Euro nimmt die französische Regierung in die Hand, um das Land im Rahmen des „Health Innovation Plan 2030“ zum europäischen Leader bei Innovationen im Gesundheitsbereich zu machen. Nutznießer:innen sind vermutlich die französischen Patient:innen, die von einem erneuerten System und innovativen Therapien profitieren. Diesen Weitblick sollten wir auch in Österreich haben. Im Interesse der heimischen Patient:innen, aber auch der gesamten Volkswirtschaft.

Bernhard Ecker, Anthea Cherednichenko und Michael Kreppel-Friedbichler
Präsidium des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI)


Han Steutel

© vfa/B. Brundert

Im Interview

Han Steutel und Bernhard Ecker: Zwangsrabatte schaden dem Gesundheitssystem

So unterschiedlich das deutsche und das österreichische Gesundheitssystem in manchem sein mögen – in der verzweifelten Suche nach zusätzlichen Finanzmitteln für die belasteten Gesundheitsbudgets gehen die Verantwortlichen in beiden Ländern ähnliche Wege. Durch zwangsverordnete Rabatte oder Preismodelle werden Löcher gestopft, anstatt die Ausgaben zu analysieren und mit Weitblick zu investieren, sind sich Han Steutel, Präsident des vfa, des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller in Deutschland, und sein österreichisches Pendant Bernhard Ecker im Interview mit FOPI.flash einig.

Herr Steutel, der deutsche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant angesichts der desaströsen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen einen Zwangsrabatt von rund einer Milliarde Euro und zusätzlich Veränderungen an den Erstattungsregeln in Deutschland, etwa für Arzneimittelkombinationen oder Orphans. Wie beurteilen Sie diese Pläne

Steutel: Es ist ein giftiges Gemisch, das erkennbar von der Not getrieben ist. Es geht dabei um die Not der Krankenkassen, bei denen ein Loch von 17 Milliarden Euro klafft. Das muss natürlich gestopft werden. Die Frage ist aber: Von wem? Arzneimittel haben dieses Loch nicht verursacht. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben der Kassen liegt seit Jahren stabil bei 16 Prozent. Einen guten Teil der Defizite hat aber der Staat durch ungedeckte Leistungsversprechen geschaffen. Deshalb wäre es auch richtig, wenn er jetzt dafür sorgt, die Krankenkassen nachhaltig für die nächsten Jahre zu refinanzieren. Weiter an möglichst vielen Erstattungsregeln herumzudoktern, ist jedenfalls keine gute Idee. Dadurch wird bei weitem nicht das benötigte Geld zu Refinanzierung eingespielt. Es drohen aber ganz konkrete Lücken in der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen, Krebs oder HIV.

Was bedeutet das für die forschenden Pharmaunternehmen bzw. den Pharmastandort Deutschland?

Steutel: Wie Sie wissen, hat die Pharmaindustrie insgesamt und die am Standort Deutschland im Besonderen eine wichtige Rolle bei der Eindämmung von Corona gespielt. Daraus leite ich keinen Anspruch auf Sonderbehandlung ab. Ich finde es aber auch nicht fair, uns jetzt Sonderopfer abzuverlangen. Das ist ganz klar ein Nackenschlag für den Pharmastandort Deutschland, der mit der mRNA-Euphorie im Rücken im internationalen Standortwettbewerb durchaus Boden hätte gut machen können. Das ist jetzt erst einmal vorbei.

Könnte das auch Konsequenzen für die Markteinführung innovativer Therapien in Deutschland und damit für die Patient:innen haben?

Steutel: Deutschland lässt sich gerade auf ein Experiment ein, das nicht gut enden wird. Statt einer klaren Systematik von Nutzenbewertung und Preisverhandlungen zu folgen, sollen immer mehr Erstattungsregeln und Barrieren übereinander geschoben werden. Das wäre dann mit dem französischen System vergleichbar. In Frankreich dauert es aber schon heute 497 Tage bis neue Arzneimittel zur Verfügung stehen, während es in Deutschland nur 133 Tage sind. Das zeigt doch ganz klar, was für die Patientinnen und Patienten auf dem Spiel steht, wenn sich Deutschland hier Frankreich annähert. Unser Spitzenplatz in Europa bei der Verfügbarkeit neuer Arzneimittel wäre dahin, und ähnlich wie unser Nachbar im Westen wären wir nur noch europäische Mittelklasse in der Innovationsversorgung.

An Sie, Herr Ecker, die Frage: Ist die Situation der Krankenkassen in Deutschland mit Österreich vergleichbar?

Ecker: Ja und nein. In einigen Aspekten ist die Lage in Deutschland und Österreich durchaus ähnlich. Auch hierzulande sind die laufenden Gesundheitsausgaben überproportional gestiegen, wobei man festhalten muss, dass die Arzneimittelkosten in Österreich seit Jahren stabil bei knapp 13 Prozent liegen und dass in den von der Sozialversicherung publizierten Werten die Rückzahlungen der Pharmaindustrie über Preismodelle nicht mal berücksichtigt sind. Der Anteil der Arzneimittel ist also vermutlich sogar geringer. Die Ausgaben für den Spitalsbereich liegen dagegen bei über 37 Prozent.

Ebenso werden in beiden Ländern die innovativen Therapien bestraft. Ein Unterschied zwischen Deutschland und Österreich besteht aber darin: Für uns ist das nicht neu. Seit Jahren wird durch sogenannte Preismodelle Druck auf die Arzneimittelpreise ausgeübt, sodass wir uns im reichen Land Österreich mit den niedrigsten Preisen in ganz Europa konfrontiert sehen. Als Tüpferl auf dem i wurde dann im Frühjahr noch eine ASVG-Novelle beschlossen, die einen Preisabschlag von 6,5 Prozent auf den EU-Durchschnittspreis für „No Box“-Medikamente vorsieht – also jene, die nicht im Erstattungskodex gelistet sind. Dieses innovationsfeindliche Klima führt dazu, dass internationale Unternehmen zögern, mit Investitionen nach Österreich zu gehen.

Sind ähnliche Schritte wie jetzt in Deutschland auch für Österreich denkbar?

Ecker: Nicht nur denkbar, sondern bereits Realität. Wo Deutschland hinsteuert, sind wir bereits angekommen.

Was hält die österreichische forschende Pharmaindustrie dem entgegen?

Ecker: Wir machen deutlich, dass wir bereits einen maßgeblichen Betrag zur Entlastung des Gesundheitsbudgets beisteuern, indem wir über die geforderten Preismodelle Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe leisten. In Österreich sind außerdem selten Preiserhöhungen durchsetzbar, was de facto bei der herrschenden Inflation einer Reduktion gleichkommt. Wir sollten also – wenn überhaupt – nicht über zusätzliche Beiträge der Pharmaindustrie reden, sondern über einen Inflationsausgleich. Immerhin sind wir genau wie allen Branchen von einer massiven Teuerung betroffen.

Was also sollte die Gesundheitspolitik Ihrer Meinung nach tun, um das Budget weiter zu entlasten?

Ecker: Man sollte die Ausgaben kritisch durchleuchten und auf kluge Weise umschichten. Es gibt einige Bereiche, wo Geld geradezu verschwendet wird, das stattdessen für Innovation im Gesundheitssystem eingesetzt werden könnte.

Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich geht Frankreich einen anderen Weg und investiert kräftig in die Gesundheitsindustrie. Unter dem Titel „Health Innovation Plan 2030“ will Emmanuel Macron 7,5 Milliarden Euro aufbringen und Frankreich zum europäischen Leader bei Innovationen im Gesundheitsbereich machen. Ein Vorbild?

Ecker: Absolut! Macron will die Talente von morgen ausbilden, Verwaltungsverfahren vereinfachen und die klinische Forschung fördern, um so der Innovation zum Durchbruch zu verhelfen. So einen Weitblick würde ich mir auch für Österreich wünschen. Steutel: Nicht nur Frankreich investiert in Pharma. Die USA und China machen es auch. Wir wollen aber gar keine Subventionen. Unser Pharmastandort wäre nach den positiven Erfahrungen bei der Entwicklung und Produktion von mRNA-Impfstoffen auch ohne staatliche Hilfen in der Lage gewesen, zu den Standorten aufzuschließen, die weiter vorne stehen als wir. Aber wenn man uns mit Sonderopfern belegt und in ein unübersichtliches Gewirr neuer Erstattungsregeln entlässt, sehe ich den deutschen Pharmastandort erst einmal eher im Status quo verharren.

Han Steutel ist Präsident des vfa, des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller in Deutschland. Er vertritt die Interessen von 48 weltweit führenden Herstellern und ihren über 100 Tochter- und Schwesterfirmen in der Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik. Die Mitglieder des vfa repräsentieren rund zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes und beschäftigen in Deutschland ca. 80.000 Mitarbeiter. Mehr als 19.000 davon arbeiten in Forschung und Entwicklung.

Bernhard Ecker ist Präsident des FOPI, des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie.

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pexels-burak-aydin

© Pexels

Zahl des Monats

7,5 Mrd. Euro

will Frankreich unter Emmanuel Macron investieren, um das Land im Rahmen des „Health Innovation Plan 2030“ zum europäischen Leader bei Innovationen im Gesundheitsbereich zu machen. Besonderes Augenmerk soll dabei auf Biotherapien, digitale Gesundheit, neu auftretende Infektionskrankheiten und medizinische Technologien gelegt werden. Die Idee ist es, bahnbrechende Innovationen in der biomedizinischen Forschung, der Medizintechnik und der elektronischen Gesundheitsdienste zu fördern, indem das Wachstum vielversprechender Start-ups in diesen Sektoren erleichtert wird, die Talente von morgen ausgebildet werden und die Verwaltungsverfahren vereinfacht werden. „Die medizinische Revolution wird durch die Konvergenz von bahnbrechenden Innovationen im Gesundheitswesen sowie durch die Konvergenz von Quantentechnologie, künstlicher Intelligenz und dem ‚Internet der Dinge‘ erreicht werden, indem wir bisher getrennte Technologiefamilien verbinden“, so der Staatspräsident Frankreichs.

Quelle: French Healthcare, Health Innovation Plan 2030: €7.5 billion to return France to its position as leader in healthcare in Europe




Kampagne

„Ohne meine Medikamente hätte ich es nie geschafft.“

„Ich habe Multiple Sklerose. Ich lebe damit. Seit 25 Jahren. Doch ohne meine Medikamente, meine Familie, meine Freunde hätte ich es nie geschafft.“ So das Bekenntnis eines Patienten, der Mut machen und gleichzeitig die Bedeutung lebensverändernder Therapien unterstreichen will. Martin Geicsnek ist einer von vier Betroffenen, die sich bereit erklärt haben, ihre Geschichte im Rahmen der Kampagne „Danke“ zu erzählen.

„Nahezu jeder von uns kennt jemanden, der mit einer so schweren Erkrankung wie MS, Krebs, Diabetes oder Spinaler Muskelatrophie kämpft“, sagt Bernhard Ecker, Präsident des FOPI. „Und all jene wissen, dass sie es ohne die Ärzt:innen, Pfleger:innen und Therapeut:innen vielleicht nicht schaffen würden – und dass auch die Mediziner:innen auf verlorenem Posten wären, wenn sie ihren Patient:innen keine wirkungsvollen Medikamente oder Therapien geben könnten.“ „Leider wird das aber oft nicht gesehen“, so Ecker. „Deshalb freuen wir uns, dass wir Patient:innen gewinnen konnten, die das von sich aus sagen.“

Kampagne für lebensverändernde Therapien

Mit einem berührenden Videospot soll so Bewusstsein für die vielen schweren, oft lebensbedrohlichen Erkrankungen und die darauf ausgerichtete Forschung geschaffen werden. Zu sehen ist der Spot ab sofort auf österreichischen News-Portalen sowie Gesundheitsplattformen. Mehr über die Entstehungsgeschichte des Spots, die involvierten Patient:innen und die dahinter stehenden lebensverändernden Therapien findet sich auf www.fopi.at/wir-sagen-danke/.

Vier Patient:innen sagen Danke.

„Ohne die hervorragenden Leistungen der Forscher und ohne die Umsetzung dieser Ergebnisse wäre unser relativ normales Leben mit unseren schweren gesundheitlichen Problemen nicht möglich“, erklärt Martin Geicsnek im Spot seine Beweggründe. Daran schließt Krebs-Patientin Christa Bleyer an: „Ich konnte bei jeder neuen Krebsdiagnose sicher sein, ihr forscht für uns und ich habe dadurch eine Chance zu leben.“

„Wir können nie wissen was auf uns zukommt. Wir können nur in der Situation das Beste daraus machen, dankbar sein, dass es Hilfsmittel gibt und diese auch aktiv nutzen, um etwas zu verändern“, meint auch Diabetes-Patient Thomas Führer.

Und Martina Rötzer, Mutter von zwei Kindern mit Spinaler Muskelatrophie, sagt: „Wir alle, Patient:innen oder pflegende Angehörige, versuchen das Beste aus der Lebenslage zu machen. Die Momente des Glücks geben uns Kraft weiterzumachen. Und wir sind dankbar, dass es Fortschritte bei der Entwicklung von Medikamenten gibt. Es ist beeindruckend mitzuerleben, dass es mittlerweile Therapien gibt, die Game-Changer sind… für die ganze Lebensplanung. Denn aufgeben ist für keinen von uns eine Option.“


Jens Weidner (c) BMS

© BMS

Wordrap

Der Wert einer Therapie muss sich am Patient:innennutzen orientieren

Eine der zentralen Fragestellungen im Gesundheitssystem ist die der Bewertung von Medikamenten und deren faire Preisgestaltung.

International etabliert hat sich eine Preisgestaltung, die sich zentral am Patient:innennutzen orientiert. Kritiker:innen dieser Preisgestaltung fordern jedoch eine Ausrichtung der Medikamentenpreise an den Produktions- oder Forschungskosten. Welche Konsequenzen diese Sichtweise hätte, beleuchtet Jens Weidner, Market Access Director bei Bristol Myers Squibb, in seinem Blog-Beitrag. Lesen Sie mehr über dieses brisante Thema im neuen FOPI.Blog!


Wolfgang Mair

© Merck

Wordrap

Wolfgang Mair: Andere Länder sind effizienter und schneller

Wolfgang Mair bedauert, dass die Vertragsverhandlungen mit Spitälern in anderen Ländern deutlich effizienter und schneller verlaufen und Österreich deshalb oftmals von klinischen Studien ausgeschlossen ist. Und er wünscht sich eine „Professionalisierung“ der Studienzentren, um klinische Forschung hierzulande voranzutreiben. Ein FOPI.Wordrap mit dem Medical Director von Merck Österreich.

Was fasziniert Sie an klinischer Forschung?

Ich konnte selbst einige Jahre bei Studien operational mitarbeiten und bin stolz, bei wichtigen Medikamentenentwicklungen dabei gewesen zu sein. Faszinierend ist, in welchem Ausmaß Krankheiten durch innovative Medikamentenentwicklungen verhindert und/oder abgeschwächt werden können, z.B. durch die HPV-Impfung, aktuell Sars-CoV-2 Impfstoffe sowie Immunonkologika. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die mitunter bahnbrechende Bedeutung solcher Neuentwicklungen für Patient:innen und die Gesellschaft außerhalb der Fachkreise in ihrer Tragweite nicht recht gewürdigt wird.

Was heißt klinische Forschung in Österreich für Sie?

Wir können auch in Österreich an wichtigen Medikamentenentwicklungen erfolgreich beteiligt sein. Ärzt:innen haben dadurch die Möglichkeit, frühzeitig bei neuen Therapieansätzen Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Für Patient:innen ist ein Vorteil, dass sie in klinischen Studien standardisiert und kontrolliert betreut werden. Um erfolgreich zu sein ist wichtig, dass alle Beteiligten (Prüfzentren, Behörde, Arzneimittelhersteller) die Wichtigkeit dieser Aufgabe auch leben, um die bestmögliche Versorgung für Patient:innen zu gewährleisten.

Spielt Österreich in der internationalen klinischen Forschung mit oder verlieren wir den Anschluss?

Es war und ist ein harter Wettkampf in welchen Regionen/Ländern die Medikamentenentwicklung erfolgt. Ich konnte selbst die Erfahrung machen, dass Österreich bei einzelnen Programmen führend international mitspielen kann. Das erfordert die entsprechende Fokussierung und Anstrengung aller Beteiligten.

Wo sind die Pain-Points der klinischen Forschung in Österreich?

Langwierige Vertragsverhandlungen mit Spitälern sind weiterhin ein Thema. Wir sind von manchen Studien einfach deshalb ausgeschlossen, weil andere Länder hier deutlich effizienter und schneller sind. Ein anderer Aspekt betrifft die „Professionalisierung“ der Studienzentren, insbesondere im Hinblick auf ausreichende Ressourcen im ärztlichen und nicht-ärztlichen Bereich. Hier sehe ich deutliche Fortschritte in den letzten Jahren und trotzdem ist im internationalen Vergleich noch „Luft nach oben“. Außerdem beobachte ich, dass klinische Forschung in einem innovationsfreundlichen Klima gedeiht. Dies betrifft beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen privaten und staatlichen Organisationen, aber eben auch eine angemessene und zeitnahe Erstattung medizinischer Innovation.

Was würden Sie benennen, wenn Sie drei Wünsche zur Verbesserung der Lage freihätten?

Das wären natürlich die erwähnten ‚pain points‘ betreffend langwieriger Vertragsverhandlungen und „Professionalisierung“ der Studienzentren. Ein weiteres Anliegen – welches nicht unmittelbar mit Studien zusammenhängt – ist, dass die Kostenerstattung bei innovativen zugelassen Medikamenten oft mit monate- bis jahrelanger Verzögerung in Österreich erfolgt. Für mich ist es schmerzlich zu sehen, dass man bei einem erfolgreichen klinischen Studienprogramm dabei war und das resultierende Produkt in Österreich dann lange Zeit für Patient:innen nicht verfügbar ist.

Dr. med. Wolfgang Mair ist Medical Director Merck GesmbH Österreich. Nach seiner Tätigkeit als praktischer Arzt ist er seit 25 Jahren in pharmazeutischen Unternehmen beschäftigt, mit Verantwortung für Österreich und Europa (Schwerpunkte Medical Affairs und Clinical Operations) South Eastern Europe.