Eike Wüstenberg: Arbeitsaufwand für Studienärzt:innen steigt
Eike Wüstenberg stuft österreichische Studienzentren (noch) als international anerkannt ein. Um das Renommee nicht aufs Spiel zu setzen, braucht es seiner Meinung nach Studienkoordinator:innen in den Zentren, weniger bürokratische Hürden und enge Timelines. Ein FOPI.Wordrap mit dem Vice President Medical Affairs von ALK Central Europe & International Markets.
Was fasziniert Sie an klinischer Forschung?
Klinische Forschung ist DER Motor für Fortschritt in der medizinischen Versorgung. Ohne sie könnten heute Millionen von Erkrankten nicht oder nur unzureichend behandelt werden. Damit bringt klinische Forschung am Ende allen Österreicher:innen etwas – als Patient:in, als Angehöriger und als Gesellschaft!
Was heißt klinische Forschung in Österreich für Sie?
Österreichische Studienzentren sind international renommiert. Ein Plus sind die ausgezeichnete Datenqualität sowie das hohe Engagement von Studienärzt:innen. Negativ sind Hürden in Bürokratie und bei der Patient:innen-Rekrutierung, da diese durch die gute medizinische Basisversorgung oft wenig persönlichen Nutzen in einer Studienteilnahme sehen.
Spielt Österreich in der internationalen klinischen Forschung mit oder verlieren wir den Anschluss?
Österreich ist vor allem in der allergologischen Grundlagenforschung führend. Auch bei der Entwicklung der innovativen tablettenbasierten Allergie-Immuntherapie haben heimische Studienzentren wertvolle klinische Daten geliefert. Dennoch gibt es Raum für Verbesserungen, damit Österreich ein attraktiver Studienstandort bleibt.
Wo sind die Pain-Points der klinischen Forschung in Österreich?
Das Clinical Trials Information System der EMA als einziger Einreichkanal für multizentrische Studien bringt aktuell große Umwälzungen. Trotz großer Vorteile bleiben bürokratische Hürden, zudem steigt der Arbeitsaufwand für Studienärzt:innen. Das wiederum erschwert Zentren ohne Studienkoordinator:in eine Teilnahme an klinischen Studien.
Was würden Sie benennen, wenn Sie drei Wünsche zur Verbesserung der Lage freihätten?
Studienkoordinator:innen, die teilnehmenden Ärzt:innen den Rücken für die Arbeit an den Patient:innen freihalten, sind nur in wenigen Zentren verfügbar. Daher braucht es mehr dieser Leute. Weiters sollten bürokratische Hürden abgebaut und der Zeitdruck durch sehr enge Timelines verringert werden. Leider ist die Evidenzlage zu Präparaten zur allergenspezifischen Immuntherapie in Österreich sehr heterogen, so dass Allergiker:innen zum Teil mit Präparaten behandelt werden, deren Wirksamkeit noch gar nicht bewiesen ist. Mein Wunsch wäre es, dass hier die Zulassungsbehörden stärker eingreifen würden, um diesen Zustand zu beheben. Hierfür ist sicherlich die gute Qualität der Österreichischen Studienzentren hilfreich.
Eike Wüstenberg ist Vice President Medical Affairs, ALK Central Europe and International Markets. Neben seiner Unternehmensposition hält der Mediziner eine Professur an der Medizinischen Universität Dresden und ist dabei auf Mittelohr- und Nasenchirurgie sowie Allergologie spezialisiert.